„Wir müssen anders arbeiten!“ – Dieser Imperativ bestimmte die Personalplanung im pastoralen Dienst (Priester, Diakone, Gemeinde- und PastoralreferentInnen) der letzten Jahre. Für diese Aussage gab es mehrere Gründe. Zum einen hatten die Erkenntnisse der SINUS-Milieustudie die Personalverantwortlichen aufgeschreckt. Zentrale Einsichten waren: Wir sind in der Seelsorge mit der Konzentration auf die Pfarrpastoral im Laufe der Zeit dahin gekommen, den Adressatenkreis zunehmend auf bestimmte Milieus und Zielgruppen zu beschränken. Weite Teile der Katholiken werden von unserem „Angebot“ nicht mehr erreicht. Die deutlichen Abbrüche innerhalb des traditionellen kirchlichen Lebens zeigten sich nicht nur in einem zurückgehenden Gottesdienstbesuch, sondern etwa auch im langsamen Absterben gemeindlicher Jugendarbeit, im Ausbluten ehrenamtlich getragener Arbeit (z.B. in den Gremien) oder in der rückläufigen Zahl von kirchlichen Beerdigungen. Ziel einer neuartigen Personalplanung musste es also sein, den „outreach“, also das Ausgreifen auf andere Bereiche kirchlichen und öffentlichen Lebens zu verbessern. Ein neues Paradigma, das sich im Erzbistum Hamburg u.a. im „Pastoralen Orientierungsrahmen“ findet ist die Überprüfung kirchlicher Tätigkeiten unter dem Gesichtspunkt der missionarischen Pastoral. Weltkirchliche Bestätigung kam dazu etwa von Papst Benedikt XVI. und seiner Initiative zur Neuevangelisierung oder von Papst Franziskus , der in „Evangelii gaudium“ nichts weniger als eine „missionarische Umgestaltung der Kirche“ forderte.
Eine neue Personalpolitik
Dies alles war nicht bloß eine inhaltliche, sondern auch eine strukturelle Frage. Mit der Wiederentdeckung der „Orte kirchlichen Lebens“ im Prozess zur Bildung Pastoraler Räume wurde der gemeindliche Rahmen der Pastoral bewusst auf die kirchlichen Institutionen, das soziale Umfeld und den öffentlichen Raum ausgedehnt. Die neu beschriebenen, nun deutlich größeren Pfarreien sollten einen Akzent auf die Arbeit mit diversifizierten Zielgruppen legen und die „Vernetzung“ mit inner- und außerkirchlichen Personen und Institutionen fördern. Eine wichtige Stellschraube bot dazu die Personalplanung. Stellen für die neuen Pfarreien wurden anhand der in den Pastoralkonzepten genannten Ziele und Aufgaben beschrieben. In größeren Teams, so die Hoffnung, würde sich die Chance zu einer vielfältigeren und zugleich qualitativ besseren Pastoral der Pfarreien bieten. Gleichzeitig sollte der kirchenrechtlich verankerte Grundbestand seelsorglicher Arbeit (z.B. Gottesdienst, Sakramente, Katechese, Caritas) gesichert werden. Herausgekommen ist ein hybrides System. Die Personalstellen in den neuen Pfarreien unterscheiden sich in „Basisstellen“ und „Projektstellen“, also solche, die pastorale Grundaufgaben im Fokus haben und solche, die für eine Erweiterung und Erneuerung der pastoralen Arbeit stehen. Im Grundsatz ist dieses System zu begrüßen, da es zumindest zum Teil verhindern wird, eine in die Jahre gekommene „Gemeindepastoral“ unbesehen weiterzuführen.
Probleme
Nachdem das neue Stellensystem nun schon in verschiedenen Pfarreien angewandt wurde, sind neben einigen Erfolgen auch einige Probleme zu beobachten. Zu diesen gehören:
- Bei den Priestern ist an vielen Stellen eine deutliche Verunsicherung eingetreten. Bislang galt für fast alle Priester im Gemeindedienst, dass sie irgendwann einmal die Aufgabe des Pfarrers übernehmen werden. Daneben gab es Kapläne (als Ausbildungsstellen) und in einigen Ausnahmen Priester ohne Pfarrauftrag (in der neuen Diktion „Pastoren“). Jetzt ist ein Teil der ehemaligen Pfarrer als „Pastor“ einer Pfarrei zugeordnet. Abgesehen von der Schwierigkeit, dass einige diese Aufgabe als Degradierung verstehen, ist auch die Rolle des „Pastors“ nach wie vor für Viele bislang ungeklärt. Zum einen sollen die Pastoren die kirchlichen Grunddienste sicherstellen, also die Hl. Messe feiern, predigen, taufen, trauen beerdigen etc., zum anderen sollen sie selbst in einem Projektfeld tätig sein. Diese Aufgabe ist für die Priester ungeübt. Nur wenige können sie offensichtlich für sich annehmen und ausfüllen. In der Konsequenz heißt das: Auch „Pastoren“ setzen im Wesentlichen ihre gewohnte Arbeit einfach fort. Schwierig wird es vor allem dort, wo es eine räumliche Verteilung der Priester gibt, so dass sie sich häufig nicht als Mitwirkende in einem Gesamtsystem „Pfarrei“ erfahren, sondern bei verringertem Verantwortungsbereich als „Quasi-Pfarrer“ in Gemeinde X oder Y tätig sind. In dieser Rolle werden sie von den Gläubigen vor Ort in der Regel bestätigt, da sich so das alte gemeindliche Prinzip unter der Leitung eines Pfarrers in gewohnter Weise fortsetzt.
- In den Berufsgruppen der pastoralen Laienmitarbeiter ist das gegenteilige Phänomen zu beobachten. Viele von ihnen sehen in den neu geschaffenen Projektstellen eine Chance, dem gewohnten „Gemeindetrott“ zu entkommen und damit auch den Anforderungen, die aus dem Gemeinden an sie gestellt werden. Sie treten aus der bisherigen Standardaufgabenbeschreibung etwa als Gemeindereferentin (zuständig für Katechese, Kindergottesdienst und Frauengruppen) heraus. Die Projektstellen bieten die verheißungsvolle Möglichkeit, innerhalb der Pfarrei einen eigenen Arbeitsbereich aufzubauen. Die Praxis der Stelleausschreibung zeigt, dass die sogenannten „Basisstellen“ für die meisten deutlich weniger attraktiv sind. An einigen Standorten sind sie nicht oder schwer zu besetzen. In den Gemeinden zeigt sich daher ein Unverständnis darüber, dass zwar auf dem Papier viele MitarbeiterInnen verzeichnet sind, diese aber nur zum Teil für die Gemeinden sichtbar arbeiten.
- Für die Pfarrer bringt das neue System die Schwierigkeit, dass von ihnen verlangt wird, die beiden Tendenzen zur Verharrung und zur „Flucht“ im gemeinsamen Pastoralteam vereinen zu müssen. Ihre Hauptaufgabe ist in diesem Sinn eine „Basisaufgabe“. Ihr Stellenanteil für die administrativen und personalbezogenen Aufgaben wird in den Stellenbeschreibungen mit satten 50% angegeben. Die anderen 50% setzen sie in der Regel für die Abdeckung der pastoralen Grundversorgung ein. Die Schwierigkeiten liegen auf der Hand: Für die seelsorglichen Grundaufgaben steht insgesamt weniger Personal zur Verfügung, das in der Regel dafür stärker beansprucht wird als vorher. Gleichzeitig genießt ein anderer Teil des Personals weitgehende Freiheiten. Zugespitzt gesagt, teilen sich die Mitarbeiter in „Ackergäule“ und „Zirkuspferde“. Wie kann aus ihnen eine schlagkräftige Einheit entstehen, die gemeinsame Ziele verfolgt und solidarisch zusammenarbeitet? Vor allem aber sehen sich die Pfarrer ihres kreativen Spielraums beraubt. Für die eigene Ausgestaltung missionarischer oder innovativer Ansätze bleibt zu wenig Zeit.
Personalpolitik im größeren Rahmen – eine Analyse
Was also im Einsatz des pastoralen Personals derzeit geschieht, lässt sich mit zwei soziologischen Erkenntnissen deuten, die sich auch in anderen Bereichen des Arbeitslebens und der Gesellschaft finden lassen.
- Bruno Latour hat in einem völlig anderen Zusammenhang auf das Auseinanderklaffen zwischen „globalen“ und „lokalen“ Verwurzelungen hingewiesen.[1] Auf der einen Seite der Gesellschaft steht eine global denkende Elite, auf der anderen Seite eine zunehmend lokal denkende Mehrheit. Je nach Position liegen für die handelnden Personen die Lösungsansätze auch auf der entsprechenden Ebene. Auf die Pfarreien übertragen ist dies angesichts der großen Pastoralen Räume in ähnlicher Weise zu sehen. Bislang war die Pfarrei eine weitgehend lokale Angelegenheit. Eine begrenzte Anzahl lokaler Akteure kümmerte sich um die Belange einer lokal verorteten Gemeinde. Probleme konnten somit schnell auf dieser Ebene bearbeitet und gelöst werden. Der Prozess der Pastoralen Räume nötigt den handelnden Personen eine „globale Perspektive“ auf. Die konkreten Fragen und Probleme sollen auf gesamtpfarrlicher Ebene gelöst werden, etwa über ein Pastoralkonzept, das größer gewordene Pfarrteam oder über Gesamtvereinbarungen zu einzelnen Feldern der Seelsorge (z.B. in Themenkonferenzen). Gefordert ist für alle Beteiligten, also auch die Mitglieder einzelner Gemeinden eine Veränderung der Perspektive, die längst nicht alle vollziehen können und werden. Für die Mitarbeiter zeigt sich dies in den ganz konkreten Herausforderungen: Eine gemeinschaftlich akzeptierte Gottesdienstordnung z.B. ist immer schwieriger zu erstellen. Eine Mitarbeiterin, die die Erstkommunionkatechese in allen Gemeinden organisieren soll, steht vor einem gewaltigen Veränderungsprozess, der ein hohes Maß an Kommunikation erfordert. Latour skizziert in seinen Ausführungen einen beliebten Ausweg: nämlich den der Leugnung. Fakten, die für die globale Ebene von Bedeutung sind, werden lokal einfach ausgeblendet und umgekehrt. Diesem Phänomen begegne ich in den Pfarreien häufig. Eine der zentralen Lösungsansätze in den Gemeinden angesichts der neuen Realität der Gesamtpfarrei ist tatsächlich der Versuch, ungeachtet der neuen Realitäten alles so belassen zu können, wie es war, notfalls allein durch eine weitere Strapazierung ehrenamtlichem Engagements.
- Auf einen anderen Aspekt verweist der Frankfurter Soziologe Andreas Reckwitz.[2] Er attestiert einen Strukturwandel von einer standardisierten zu einer individualisierten Gestaltung der modernen Arbeitswelt. War der Arbeitnehmer über lange Zeit daran gewöhnt, bestimmte Aufgaben innerhalb eines Betriebes zum Wohle des Unternehmens auszuführen, also in formalisierten Arbeitsabläufen zu arbeiten, so wird seine Persönlichkeit bei der Ausübung seiner Tätigkeit immer wichtiger. Dies hat mit zunehmender Projekt- und Teamarbeit zu tun, aber auch mit einem gestiegenen Interesse an der „persönlichen Performance“ der Mitarbeiter. Dies gilt sicher nicht überall, aber in gestiegenem Maße im Bereich der Kreativarbeit und der Dienstleistungen. Der Arbeitnehmer ist herausgefordert, seine Persönlichkeit, damit auch seine Talente, vor allem auch seine Fähigkeit zur Präsentation des Produktes einzubringen. Es genügt daher nicht mehr, etwa eine Dienstleistung qualitativ gut auszuführen. Der Kunde soll überdies den Eindruck gewinnen, dass er etwas Besonderes, Außergewöhnliches geboten bekommt. Der Wunsch nach einem individualisierten, herausgehobenen Lebensstil, nach Außendarstellung und Besonderheit, den unsere moderne Gesellschaft zum Ausdruck bringt, hat also seine Auswirkungen auf die Berufe, die diese Besonderheit ermöglichen sollen. Kirchlich begegnet dies ja schon seit längerem etwa in der Gestaltung von Gottesdiensten zur Trauung, Taufe oder bei Beerdigungen. In den 60er Jahren war es normal, dass eine katholische Beerdigung nach „Schema F“ ablief. Es gab lange Zeit z.B. keine individualisierten Traueransprachen. Die wurden auch nicht unbedingt verlangt. Entscheidend war die Tatsache einer kirchlichen Beerdigung. Damit geben sich heute meiner Erfahrung nach kaum noch Angehörige zufrieden. Besonders eklatant ist dies bei Trauungen zu beobachten. Um die eigene Trauung von anderen abzusetzen ist nicht bloß die Hochzeitsfeier, sondern auch schon der Gottesdienst teilweise bis in die kleinsten Details geplant. Nicht selten begegnet mir der Wunsch, die Trauung in der „Lieblingskirche“ mit dem „Lieblingspriester“, der eine passgenaue Ansprache halten soll, außerdem mit der „Lieblingsmusik“ und dem mit dem hochzeitlichen Farbkonzept abgestimmten Blumenschmuck zu feiern. Die persönliche Performance des Trauenden ist aus Sicht der Brautleute für das Gelingen der Trauung unerlässlich. Es steht zu befürchten, dass sich dieser Trend auf weitere Bereiche der Kirche ausweiten wird. Es wird stärker über individualisierte Katechesen nachgedacht, es geht um individualisierte Seelsorgssituationen und um die Schaffung eines Angebotes „das genau zu mir passt“. Das ist alles nicht neu. Neu ist allerdings, dass wir beginnen, in der Stellenpolitik diesem Individualisierungsdruck zunehmend entgegenzukommen, indem wir das Personal für zunehmend differenzierte Aufgaben und Zielgruppen einsetzen. Was von einigen Pastoraltheologen als „Stein der Weisen“ gepriesen wird[3], hat auch eine Schattenseite. Zum einen haben wir es im pastoralen Personal häufig mit Menschen zu tun, die niemals auf eine „high-performance“ hingestrebt haben. Sie haben ursprünglich gelernt, pastorale Arbeit standardisiert wahrzunehmen. Diese Standardisierung bricht langsam weg. Das schafft bei Vielen eine gewisse Hilflosigkeit, die nicht einfach durch Fortbildungen überwunden werden kann. Gefragt ist zur Zeit eine kaum zu findende Zahl an kreativen, selbständigen, innovativen, redegewandten, technikaffinen Klerikern und Laienmitarbeitern. Und was ist mit den anderen? In gewisser Weise wird ein schneller Wandel der Arbeitskultur gefordert, der sich in anderen Arbeitsbereichen längst vollzogen hat. In Zeiten knapper Mitarbeiterzahlen ist ein solcher Wandel unrealistisch. Ob er erstrebenswert ist, steht auf einem anderen Blatt.
- Papst Franziskus hat in „Evangelii gaudium“ (im folgenden „EG“) seine Vorstellungen einer missionarischen Kirche dargelegt. Sie passen mit den beschriebenen Entwicklungen nicht zusammen. Franziskus beklagt ausdrücklich die Tendenz zur zunehmenden Individualisierung in Fragen des Glaubens und des kirchlichen Lebens (EG 70). In EG 2 schreibt er zur gegenwärtigen Situation vieler Gläubiger:
Die große Gefahr der Welt von heute mit ihrem vielfältigen und erdrückenden Konsumangebot ist eine individualistische Traurigkeit, die aus einem bequemen, begehrlichen Herzen hervorgeht, aus der krankhaften Suche nach oberflächlichen Vergnügungen, aus einer abgeschotteten Geisteshaltung. Wenn das innere Leben sich in den eigenen Interessen verschließt, gibt es keinen Raum mehr für die anderen, finden die Armen keinen Einlass mehr, hört man nicht mehr die Stimme Gottes, genießt man nicht mehr die innige Freude über seine Liebe, regt sich nicht die Begeisterung, das Gute zu tun.
Die Antwort des Papstes besteht in der Forderung nach einem „Mehr“ an Gemeinschaft. Dies ist sowohl im geistlichen Sinn der Gemeinschaft mit Christus (z.B. EG 23) gemeint als auch in der sozialen Form (s. EG 67). Zugleich fordert der Papst eine Pastoral der Nähe (EG 28), also einen starken lokalen und sozialraumnahen Bezug. In gewisser Weise ist dies genau das Gegenteil von dem, was wir derzeit tun, indem wir die „globale“ Ebene und die „individualisierte“ Lebensform stärken. Gleichzeitig ist gerade diese Tendenz ein Hoffnungsanker für eine verbesserte seelsorgliche Arbeit, die teilweise durch Faktoren wie Personalmangel und gesellschaftliche Entwicklungen eingefordert wird. Dieser Hiatus wird sowohl in der Personal- und Stellenplanung, als auch in den zunehmend uneinheitlichen Auffassungen von einer „guten Pastoral“ sichtbar.
Gibt es Lösungsansätze?
Was wäre also für den Personaleinsatz in der Seelsorge zu bedenken? Ich möchte ein paar Vorschläge machen, um die derzeitige Situation zu verbessern.
- Das Auseinanderdriften von „Basis“- und „Projektstellen“ muss eingedämmt werden. Es ist nun einmal so, dass es verschiedene Kernaufgaben der Pastoral gibt, die qualitativ gut wahrgenommen werden müssen. Die Schaffung reiner Projektstellen verdunkelt den Gesamtzusammenhang kirchlicher Arbeit. Es scheint mir unausweichlich zu sein, jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter auch ein gewisses Maß an „Basisarbeit“ zuzuteilen. Umgekehrt sollten alle in der pastoralen Arbeit tätigen (auch die Pfarrer) die Möglichkeit haben, bestimmte (innovative) Aufgabenfelder zu bearbeiten. Bruno Latour weist in seinen Ausführungen auf die Bedeutung von Vermittlungsinstanzen zwischen der „lokalen“ und der „globalen“ Ebene hin. Als solche müsste sich das Pastoralteam verstehen. Es geht nicht um die Schaffung professionalisierter Teams, in denen jeder ein Spezialist für irgendetwas ist, sondern um die Schaffung solidarischer Teams, die flexibel genug sind, gemeinschaftlich auf Herausforderungen zu begegnen und einander hilfreich zur Seite zu stehen.
- Damit zusammen hängt die Aufteilung von Leitungsverantwortung. Dies ist aus meiner Sicht weniger wichtig, um die Pfarrer zu entlasten (dies ist eher ein Nebeneffekt), sondern deshalb, um ein Bewusstsein für das gemeinschaftliche Projekt „Pfarrei“ zu schaffen. So ist es für mich denkbar, die Möglichkeit der Leitung „in solidum“ zu nutzen und zwei oder mehreren Priestern (in Zukunft wohl verstärkt auch Laien) anzuvertrauen. Aber auch andere Leitungsaufgaben, wie das Schreiben von Dienst- oder Gottedienstplänen, das Urlaubs- und Vertretungsmanagement, die Verantwortung für einzelne Gruppen und Gremien der Pfarrei, die Vorbereitung und Leitung von Teamsitzungen, bis hin zu dienstlichen Absprachen mit VerwaltungsmitarbeiterInnen der Pfarrei können durchaus von unterschiedlichen Mitgliedern des Pastoralteams wahrgenommen werden.
- Es braucht aus meiner Sicht eine neue Motivation für „Basisaufgaben“. Sie sind nicht einfach das „Alte“, das aus Traditionsgründen irgendwie fortgeführt werden muss, sondern bergen in sich ein hohes kreatives Potential. Gerade an der Qualität der Basisdienste entscheidet sich unter dem Vorzeichen einer individualisierten Gesellschaft die Akzeptanz der Gläubigen für die Kirche vor Ort.
- Dem Individualisierungsdruck muss nicht an allen Stellen nachgegeben werden. Hier darf sich im Sinne von Papst Franziskus die Kirche durchaus auch „gegenweltlich“ positionieren. Die Suche nach zeitgemäßen kirchlichen Gemeinschaftsformen bestimmt schließlich auch in den letzten Jahren verstärkt den pastoraltheologischen Diskurs.
- Im Bereich der Glaubens- und Herzensbildung ist ein höherer Individualisierungsgrad wahrscheinlich unvermeidlich. Das größere Pastoralteam bietet die Möglichkeit, auf diesem Feld ein differenziertes personales Angebot zu schaffen. Dieses Potential kann gehoben werden, wenn sich alle Teammitglieder dem missionarischen, also im Kern glaubensfördernden Anliegen verpflichtet wissen. Es sollte fester Standard in allen Stellenbeschreibungen sein.
- Die Wahrheit der Seelsorge liegt (im Fußballjargon gesprochen) „auf dem Platz“. Es scheint mir eine falsche Entwicklung zu sein, pastorale MitarbeiterInnen zunehmend aus der ganz praktischen Arbeit vor Ort herauszuhalten und sie ins „mittlere Management“ zu versetzen. Wenn wir nur noch vom „Vernetzen“, „Fördern“, „Entwickeln“ und „Konzeptionieren“ sprechen, ist das nicht selten das Einfallstor für eine blutleere und im Kern ergebnislose Ausübung des seelsorglichen Dienstes. Kleriker und pastorale Laienmitarbeiter sind in der Regel auch dazu ausgebildet, im direkten Kontakt mit Menschen zu arbeiten, also selbst Kranke zu besuchen, Kinder zu unterrichten, Gottesdienste zu feiern, Gruppen zu leiten, Bedürftige zu unterstützen und Jugendliche zu begleiten. Nimmt man ihnen das und verleitet sie dazu, sich künftig nur noch auf Arbeitssitzungen zu treffen und andere anzuleiten, vernachlässigen wir den wichtigsten Teil ihrer Fähigkeiten, noch zudem den Teil, der für die persönliche Berufszufriedenheit von Bedeutung ist. Im Augenblick beobachte ich die Tendenz, Personal dahin zu bringen, die Verwaltung selbst zu machen und die Pastoral an Ehrenamtliche zu delegieren. Eigentlich müsste es umgekehrt sein.
[1] S. hierzu Latour, Bruno, Das terrestrische Manifest, Frankfurt, 2018
[2] Reckwitz, Andreas, Die Gesellschaft der Singularitäten, Berlin 2017, 181-223.
[3] S. z.B., Bucher, Rainer, …wenn nichts bleibt, wie es war, Würzburg 2012, 195ff.
Sehr gute Analyse.
Bitte lassen Sie mich ein wenig hinweisen auf die arbeitsrechtlichen Seiten und die Fragen ďer Eingruppierung in Dienstverträgen und hinzufügen: Es gibt ja Dienstgeber, die im Dienstvertrag festlegen, welche Tätigkeit die Mitarbeitenden dann zu welchem Entgelt wahrnehmen sollen. Von Entertainment war bisher b leider nicht die Rede
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Und nun ist es doch glatt seit langer Zeit in der Diaspora schwierig, überhaupt geeignete hauptamtliche katholische Mitarbeitende zu finden. Also her mit den LAIENENTERTAINERN, die womöglich noch in Personalausschüssen Verantwortung übernehmen. Alles in allem: Das Ende des kirchlichen Dienstes zeigt sich am Horizont.
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