Der Möglichkeiten sind beileiben,
genug, die Zeit sich zu vertreiben.
Die einen pflegen gern den Garten,
die andern gerne Touren starten,
dreh’n mit dem Fahrrad viele Runden
um ihre Gegend zu erkunden.
Die nächsten gerne Münzen sammeln
oder auf der Gitarre schrammeln.
Ein andrer züchtet fleißig Tauben,
liebt es, am Auto rumzuschrauben.
Die Klassiker zu allen Zeiten
sind Backen oder Handarbeiten.
Es dürfte wohl kaum jemand’ geben,
dem nicht ein Hobby süßt das Leben.
Soviel Interessen auf der Erde,
so zahlreich sind die Steckenpferde.
Ein Hobby, das wohl viele mögen,
beschäftigt sich mit Bastelbögen.
Auf diesen Bögen ist gedruckt,
ein Flugzeug, Schloss, ein Aquädukt,
ein Schiff, das fährt über die Meere,
sie alle werd’n mit Kleb’ und Schere
geschnitten und zusamm’ngesteckt
zum dreidimensional’n Objekt.
Mit etwas Fleiß und auch Geschick
entsteht, was auf den ersten Blick,
Bewund’rung bringt und, wie erträumt,
zur Ehre reicht dem Bastelfreund.
So möchte’ ich heut zur Predigtzeit
mal diese eine Tätigkeit
im Licht des Evangeliums brechen
und davon metaphorisch sprechen.
Im Evangelium steht geschrieben
wir sollen unsre Feinde lieben.
Das sagt sich leicht, so denk ich gerad’,
solang man keine Feinde hat.
Sobald ein solcher ist gefunden
ist alle Leichtigkeit verschwunden.
Dann wird das Feinde-Lieben schwer
und die Vergebung umso mehr.
So möchte ich die Frage stellen
um unser Denken zu erhellen
wie es denn mit den Feinden geht
und wie die Feindschaft so entsteht.
Willkommen in der Hobbythek,
das Bastelzeug zurecht gelegt.
Heute, das ist ernst gemeint,
basteln wir uns einen Feind.
So schwierig kann das ja nicht sein,
ein Feind entsteht doch von allein.
Wenn einer mir was Böses will
und seine Bosheit steht nie still,
er permanent und unverschämt
in seinem Hasse ungezähmt
mir meines Wohles unbeachtet
beständig mir zu schaden trachtet,
dann ist ein solcher Mensch ein Feind.
Selbst wenn ich selber nicht gemeint,
gewollt habe, dass es so kommt –
eröffnet ist die Feindesfront.
Es mag so sein, im Fall des Falles,
jedoch ist das noch längst nicht alles.
Denn bis zur Feindschaft, aufgemerkt,
ist’s meist ein eifrig Bastelwerk.
Ich möchte daher aus dem Leben
Ganz einfach mal ein Beispiel geben.
Denken wir uns mal zwei Kinder,
den Konstantin und die Melinda,
die in die gleiche Klasse gehen
und bestens sich dabei verstehen.
Die beiden treffen sich an vielen
Tagen gern zum Lego-Spielen.
Das wär auch alles gut geblieben
würd‘ Konstantin sich nicht verlieben.
Er schreibt, denn sein Gefühl ist tief,
Melinda einen Liebesbrief.
Als sie ihn kriegt, da lacht sie heiter
und gibt ihn einer Freundin weiter.
Auch die lacht und nach kurzer Zeit
die ganze Klasse weiß Bescheid.
Und alle Mädchen nennen ihn
den Liebestrottel Konstantin.
Gekränkt wohl durch den Spott der Kinder
sinnt er auf Rache für Melinda
Und wütend aus der Haut gefahren
zieht er die Freundin an den Haaren.
Ein großer Streit, es gibt kein Halten,
die Eltern müssen sich einschalten
und die beginn’ nach langem, breiten
Diskutier’n sich auch zu streiten.
Man schreit und brüllt und man erklärt sich:
„Mit euch, ihr Leute, sind wir fertig.“
Wegen Melinda, seiner Buhle,
wechselt Konstantin die Schule.
Nach all dem Hauen und dem Stechen
wird er nie wieder mit ihr sprechen.
Auch die Familien, die so stritten:
das Tischtuch ist für sie zerschnitten.
Die jüngst noch Treueschwür’ sich gaben
haben das Kriegsbeil ausgegraben.
Fortan wähnt jeder sich im Recht
und macht den anderen stetig schlecht.
Am anderen, das ist doch klar,
da lassen sie kein gutes Haar.
Und im Gedächtnis ist verschwunden,
was einstmals Gutes sie verbunden.
Fortan nennt man sich immer wieder
statt beim Namen nur noch „Die da“.
So verblasst dann mit der Zeit
des anderen Persönlichkeit.
Ist man auf Schlechtes nur fixiert,
wird er auch darauf reduziert.
Von eines Menschen ganzer Fülle
bleibt übrig nur noch eine Hülle.
Wenn diese Hülle nicht zusamm’fällt,
dann hab’ ich einen Feind gebastelt.
Ist das bloß kindisches Betragen?
Ich fürchte nicht, muss ich wohl sagen.
Es ist leider sehr geläufig,
(das heißt, es geschieht sehr häufig),
dass schlimmste Feinde mal vor Jahren
Partner oder Freunde waren.
Feindschaft, die ist im Entstehen,
will ich im Feind den Mensch nicht sehen.
Statt einem Gut- und Bös-Geflechte
seh’ ich bei ihm nur noch das Schlechte.
Er wird von mir ganz ungeniert
auf dies und jenes reduziert.
Und diese Reduktionen dann
wend’ ich auf ihn und andre an.
Und so ist leider mit dem Feind
bald auch sein Umfeld mitgemeint,
sein Freundeskreis, seine Partei,
auch die Familie ist dabei.
Und so zieht in fataler Weise
die Feindschaft manchmal weite Kreise
und ganz schlimm wird’s, wer will es fassen,
wenn sich dann ganze Völker hassen.
Der Bastelbogen, so fatal
ist äußerst zweidimensional.
Er ist, nach meinen Schätzungen,
bedruckt oft mit Verletzungen
und Streitigkeiten aus der Zeit
gemeinsamer Vergangenheit.
Ich baue mir aus dem Karton
nicht mehr als eine Projektion.
Von einem Menschen seh’ ich schnell
mein selbstgebasteltes Modell.
Doch dies, so ist es bei Modellen,
muss schon der Wirklichkeit sich stellen.
Seh’ ich den Petersdom in Rom
und meine Pappversion vom Dom,
erkenn’ ich selbst als Optimist,
dass mein Modell sehr grob nur ist.
Gegen das Echte bleibt die Pappe
des Bastelwerkes nur Attrappe.
Ich soll nun meine Feinde lieben,
und das heißt nicht, bloß wegzuschieben,
was gewesen, wegzuspülen,
mit allen drückenden Gefühlen.
Doch es gilt, trotz aller Plagen,
mein Bastelbild kaputtzuschlagen.
Jenseits von diesem, in Verstecken,
gibt’s einen Menschen zu entdecken,
der sicher an des Guten statt,
falsch oder bös’ gehandelt hat,
der schwach war oder unbedarft,
worauf ihr dann euch überwarft.
Doch taugt ein Mensch, ganz ernst gemeint,
euch gleich als lebenslanger Feind,
den ich für alle Zeit verlassen,
vergessen muss und nur noch hassen?
Bis zur Versöhnung ist’s noch weit,
Versöhnung, die braucht sehr viel Zeit.
Doch beigelegt würde der Hass, der
uns entzweit, uns schlechte Bastler.
Die Liebe muss nicht gleich verbinden,
doch bringt das Feindbild sie zum Schwinden.
Sie schafft doch über kurz und lang
die Chance zu einem Neuanfang.
Wir glauben doch, recht unbeirrt,
dass Gott so auf uns Menschen sieht
und uns nicht eben einmal schnell
beurteilt nach einem Modell,
das er von uns sich angefertigt,
sondern, dass er uns gewärtigt,
dass er als ganzen Mensch’ uns sieht
und uns’re Fehler uns vergibt.
Was nicht heißt, dass halt alles dann
ganz toll ist und so bleiben kann.
Jedoch wird auch an kant’gen Rändern
die Liebe langsam mich verändern.
Wem in der Liebe ich vereint,
dem werde ich wohl nie zum Feind.
Denn ihre Kraft und das Erbarmen,
mich aufbaut und errettet. Amen.