Fünf Jahre Corona – ein Rückblick

In diesen Tagen wird immer einmal wieder an das Ausbrechen der Corona-Pandemie vor fünf Jahren erinnert. Im Rückblick wird politisch und gesellschaftlich die Zeit der Schutzmaßnahmen und Verordnungen reflektiert. Der Tenor heute ist, dass vieles übertrieben und übervorsichtig war und das Corona-Management in unserer Gesellschaft tiefe Einschnitte und Folgen gehabt hat. Ich würde das durchaus in Teilen auch so sehen. Als Kirche und vor allem als Pfarrei vor Ort hat uns das das Thema „Corona“ mehr als zwei Jahre intensiv beschäftigt. Ich bin noch einmal für mich persönlich in Erinnerungen und anhand meiner Dokumente, Predigten und Beiträge zurückgereist. Was ist geschehen, vor allem aber, wie hat sich diese Zeit „angefühlt“? Was haben wir im Rückblick vielleicht richtig, was falsch gemacht? Ich möchte Ihnen gerne dazu einige meiner Gedanken weitergeben:  

Das Jahr 2020 hatte für mich selbst nicht gut begonnen. 2019 war mir neben meinem Amt als Pfarrer und Dekan die Pfarradministration für unsere benachbarte Pfarrei anvertraut worden. Es war eine anstrengende Zeit. Mitten in diese Phase fielen die Nachrichten über den Ausbruch und die Verbreitung eines neuartigen Grippe-Virus mit offenbar hoher Ansteckungsrate. Nachdem die ersten Fälle auch in Mecklenburg aufgetreten waren, sah ich mich verpflichtet, einige Vorsichtsmaßnahmen für unsere Gottesdienste zu ergreifen. Wir begannen, Türklinken regelmäßig zu desinfizieren und wiesen auf mögliche Ansteckungsgefahren beim Friedensgruß hin. Vor der Kommunionausteilung sollten sich die Priester die Hände gründlich waschen. Diese ersten Maßnahmen wurden zum 3. März umgesetzt. Sie hielten nicht lange vor. Zum 14./15. März erreichte uns das Schreiben des Erzbischofs zur Aussetzung aller Gottesdienste bis zum 30. April. Auf einmal stand alles still. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Besonders schmerzhaft war die verordnete Auszeit auch deshalb, weil der kirchliche Lockdown kurz vor Ostern erfolgte. Es gab auch sofort Reaktionen. Während die einen den kirchlichen Anordnungen nicht nur zustimmten, sondern sie sogar als zu spät empfanden, gab es auf der anderen Seite Proteste und zugleich Versuche, die verfügten Schritte zu unterlaufen. Damit entfaltete sich von Beginn an eine Dynamik, die für die kommenden Jahre prägend war und nicht nur kirchlich, sondern vor allem auch gesellschaftlich spürbar wurde.

Es ging um den Konflikt zwischen der individuellen Freiheit und dem Gemeinwohl. Wie weit durfte die Einschränkung des persönlichen Lebens gehen? Wurden mit den Einschränkungen die Ziele der Eindämmung einer Pandemie erreicht? Ich erinnere mich gut an die ersten Wochen der staatlichen Maßnahmen, wie ich etwa aus Vorsicht mit Handschuhen einkaufen ging. Corona erschien mir als ernsthafte Bedrohung. Und dies war mehr als ein Gefühl. Uns erreichten die Bilder aus Norditalien und New York, wo angesichts der zahlreichen Infektionsfälle das öffentliche Gesundheitssystem zusammenbrach. Covid brachte die Nachrichten über schwer Erkrankte und Tote mit sich. Mir leuchtete es ein, dass es sinnvoll war, die Gefahr einer Pandemie möglichst frühzeitig zu bannen. Die Schließung von Schulen und Kindergärten schien mir ein logischer Schritt. Es war vieles noch ungewiss. Tatsächlich wurde erst wesentlich später deutlich, dass die Ansteckungsgefahr im Freien sehr gering war, so dass im Nachgang einige Maßnahmen wie die Schließung von Spielplätzen oder die Polizeistreifen, die „illegale“ Ansammlungen von Jugendlichen in Parkanlagen kontrollierten als übertrieben erscheinen. In diesem Augenblick, im März 2020, schien mir das noch nicht so.

Innerkirchlich regte sich in unserer Region Mecklenburg ein Reflex, den ich erst mit der Zeit verstanden habe. Die Kirche war während der DDR-Zeit zum Teil eine Institution gewesen, die sich darin eingeübt hatte, staatlichen Vorschriften und ihrer Überwachung mit Geschick zu unterwandern. Die Kirche war gefühlt ein Ort, der sich der staatlichen Kontrolle immer wieder zu entziehen wusste. Auch im „Westen“ gab es diese Bewegung. Die Kirche sollte als Raum der individuellen Freiheit erhalten bleiben. Es gab einige, die von den Kirchen erwarteten, ein Gegenpol, ein Ort des Widerstands gegen staatliche Maßnahmen zu sein. Angesichts des Corona-Lockdowns entstanden Initiativen, die unterhalb der Verordnungen Wege suchten, zu Gebet und Gottesdienst zusammenzukommen. Als Pfarrer befand ich mich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite schätzte ich das Bestreben vieler Gläubiger, den kirchliche Lockdown nicht einfach hinzunehmen und nach Formaten des gemeinsamen Glaubenslebens zu suchen. Auf der anderen Seite konnte ich die offiziellen Anordnungen, die mir in weiten Teilen einleuchteten auch nicht ignorieren. Innerhalb unseres Pastoralteams verständigten wir uns auf die Grundlinie, die Vorschriften zu beachten und zugleich alles zu ermöglichen, was in deren Rahmen möglich war. Auch dies verursachte innerhalb des Teams durchaus Kontroversen, da sich einige einen strengeren, andere einen lockereren Umgang mit der Situation wünschten. Es gab auch Strömungen, die dafür plädierten, die Kirchen als Orte der besonderen Vorsicht und Verantwortung anzusehen und über die staatlichen Maßnahmen hinauszugehen, etwa in einem freiwilligen Verzicht auf Gottesdienste, auch dann, als sie offiziell wieder möglich waren.

Die erste Zeit des Lockdowns wurde nach meiner Erinnerung von einer großen Mehrheit in den Gemeinden mitgetragen. Als Priester feierten wir jeden Tag die Heilige Messe (meist allein) in der Krypta von St. Anna. Zudem hatten wir die Möglichkeit, mit der Schwesterngemeinschaft in St. Andreas zur Messe zusammenzukommen, da diese als „Wohngemeinschaft“ bei den Regelungen wie eine Familie behandelt wurden. Zu Gesprächen traf ich mich zum Spazierengehen. Auch habe ich ein paarmal mit Familien im Hauskreis die Heilige Messe gefeiert – immer von einem Gefühl der Illegalität (im Nachhinein ein verrückter Gedanke). Dankbar darf ich sagen, dass wir als Priester in den Lockdown-Monaten immer die Möglichkeit bekamen, im Krankenhaus, Hospiz oder Altenheim zu schwerkranken und sterbenden Menschen zu kommen, auch wenn dies vor der flächendeckenden Einführung von Tests und der Verbreitung von FFP-Schutzmasken natürlich erschwert war. Zudem konnten zum Glück auch Dank der Improvisationsgabe der Bestatter alle Beerdigungen stattfinden. Die Zustände in den Einrichtungen waren teilweise besorgniserregend. Die Isolation alter Menschen in den Heimen war vielleicht die schwerwiegendste Entscheidung der Corona-Jahre. Mein Eindruck war, dass in dieser Zeit viele vor allem Hochbetagte starben, nachdem ihnen die normale menschliche Ansprache fehlte und sie lange Zeiten allein in ihren Zimmern sein mussten.

Meine Hoffnung war, dass die Maßnahmen des Lockdowns nach kurzer Zeit beendet sein würden, wenn es gelungen war, die ärztliche Versorgung zu verbessern, einen Impfstoff zu finden und die erste Gefahr gebannt sein würde. Tatsächlich veränderte sich die Situation bald. Bereits Ende April, also einen Monat nach dem Lockdown, hatte ich erste Kontakte zum Ordnungsamt, um einen öffentlichen Gottesdienst im Freien, auf der Wiese am Erzbischöflichen Amt feiern zu können. Daraus wurde zunächst nichts. Am 10. Mai 2020 begannen wir wieder mit der Feier öffentlicher Gottesdienste, nachdem dies durch die Landesverordnungen in begrenztem Rahmen möglich wurde. Geholfen hat uns dabei die Schweriner Domgemeinde, die uns ihren großen Gottesdienstraum für die Heilige Messe zur Verfügung stellte und unter Einhaltung der Schutzabstände ca. 200 Gottesdienstbesuchern Platz bot. Gleichzeitig begannen wir in St. Andreas mit Gottesdiensten, da die Kirche relativ groß und gut belüften war. Zu Beginn feierten wir dort vier Messen hintereinander, jeweils mit einer kleinen Gruppe von Gottesdienstbesuchern. Überhaupt gab es auf einmal viel Kreativität. Das Frühjahr und den Sommer über fanden Freiluftgottesdienste in St. Martin statt, die Zahl der Gottesdienste in St. Anna wurde ab dem Sommer verdoppelt, um mehr Platz zu schaffen, zusätzliche Familienandachten im Freien fanden guten Zulauf. Und trotzdem blieb es schwierig, noch ein ganzes Jahr lang. Während sich der Gottesdienst stabilisierte und zeitweise durch Streaming-Angebote aus St. Anna ergänzt wurde, kehrte nur langsam so etwas wie Normalität zurück. Die Zahl der Videokonferenzen war hoch, da Sitzungen, z.B. der Gremien noch nicht stattfinden konnten. Viele Gruppen trafen sich lange nicht. Die ganze Zeit mussten die sich ständig erneuernden Verordnungen beobachtet werden und der tägliche Blick auf die Inzidenzzahlen gehörte zum Alltag. Immer wieder gab es Anpassungen, vor allem bei der Kirchenmusik. Das Unverständnis und auch die Ungeduld gegenüber den Schutzmaßnahmen nahm zu. Einmal noch setzte ich wegen stark gestiegener Infektionszahlen in Schwerin den Gottesdienst für zwei Wochen aus – ein Maßnahme, die sich im Rückblick für mich als Panikreaktion darstellt. Aber es gab auch sehr eindrückliche Momente. Die Osternacht 2021 zum Beispiel feierten wir draußen – es war kalt, aber auch sehr besonders. Auch die Erstkommunionfeiern in kleinen Gruppen, in aller Ruhe und ohne den sonst üblichen Betrieb waren sehr wohltuend.

Die eigentlich anstrengende Phase begann nach meinem Empfinden mit den Impfungen. Es wurde vorgeschrieben, den Impf- bzw. Teststatus von Besuchern zu kontrollieren. Dies galt für Geschäfte, Theater, aber eben auch für Kirchen. Die nun eingeführten Kontrollen gehören für mich zu den unangenehmsten Erfahrungen. Über den Sinn der Impfungen gingen die Meinungen auseinander. In unserem Fürbittbuch in St. Anna fanden wir hässliche politische Einlassungen. Es gab Besucher die uns austesteten und bewusst ohne Maske in die Gottesdienste kamen. Es gab das Ordnungsamt, das kritische Blicke auf unsere Einlasssituation warf. Ich selbst hatte ein großes Unbehagen. Konnte es wirklich richtig sein, Menschen an der Kirchentür abzuweisen? Die Evidenz, mit der das geschah, war schließlich längst nicht mehr so eindeutig. Die neuen Corona-Varianten hatten die Gefährlichkeit des Virus abgeschwächt.

Insgesamt hat die Corona-Zeit einen tiefen Einschnitt mit sich gebracht. Gesellschaftlich hat sie vorhandene Polarisierungen verstärkt, die sich so auch in unseren Gemeinden finden. Auffällig ist, dass nach der Corona-Zeit die Zahl der Kirchenaustritte sprunghaft gestiegen ist. Über die Gründe kann man spekulieren. Bei einigen ist es Enttäuschung über die Corona-Politik der Kirchen gewesen, die sich nach Ansicht einiger zu schnell den staatlichen Vorgaben unterworfen haben. Vor allem aber hat der Einschnitt bei einigen einen Abbruch der liturgischen Praxis mit sich gebracht. Alte Routinen wurden unterbrochen. Mitbrüder aus verschiedenen Bistümern erzählen mir, dass der Gottesdienstbesuch rapide zurückgegangen ist. Auch die Statistik des Erzbistums Hamburg bildet dies ab. Ich kann für unsere Gemeinden einen so deutlichen Abbruch zum Glück nicht feststellen. Aber der langsame Wiedereinstieg in einen Alltag ohne Beschränkungen hat im Aufbau fast so viel Zeit gebraucht, wie die Unterbrechung gedauert hat.

Mir erscheinen die Corona-Jahre vor allem als eine Zeit der Krise. In der Krise kommen die besten, aber manchmal auch die schlechten Eigenschaften von Menschen am deutlichsten zum Vorschein. Viele von uns, wie auch ich selber, haben das erste Mal in ihrem Leben die Ordnungsmacht des Staates am eigenen Leib sehr deutlich erlebt. Michel Foucauld hat einmal darauf hingewiesen, dass die moderne Politik, die Ordnung des Gemeinwesens aus der Handhabung von Seuchen erwachsen ist, die flächendeckende Ordnungsmaßnahmen bei Hygiene, Krankenversorgung und Quarantäne notwendig gemacht haben. Es war vielen vielleicht nicht so stark bewusst, dass die persönlichen Freiheiten zugunsten des Allgemeinwohls eingeschränkt werden dürfen. Eine Diktatur, wie einige behaupten, haben wir deshalb nicht erlebt, vielleicht einen gerade in der späteren Zeit übervorsichtigen Staat. Bei aller Kritik im Rückblick: Covid war (und ist vielleicht auch heute noch) keine harmlose Krankheit. Ich habe selbst zwei Infektionen gehabt und erinnere mich noch sehr ungern an die langen Wochen, die es gedauert hat, bis meine Gesundheit wieder hergestellt war. Es war richtig, vorsichtig zu sein. Die viel beschworene Solidarität mit Menschen, die gesundheitliche Einschränkungen und Vorerkrankungen haben, ist für mich kein leeres Wort. Es war aus meiner Sicht richtig, dass die Kirchen, nicht zuletzt auch Papst Franziskus, diesen Gedanken für ihr Handeln in den Vordergrund gestellt haben. Ob alle Maßnahmen, die getroffen wurden richtig waren, ist damit noch nicht gesagt. Die Aussetzung der Gottesdienste war ein sehr schwerwiegender Schritt. Auch hatte ich den Eindruck, dass man um die Wiedereinführung der Gottesdienste unter bestimmten Auflagen noch intensiver hätte kämpfen können. Es gab viele unschöne Begleitdiskussionen, etwa die, ob Priester Messen ohne Gemeinde feiern dürfen, ob das Streaming von Gottesdiensten zulässig ist, ob Hygieneregeln in Kirchen überhaupt notwendig sind… Es hat sich bewährt, auch an dieser Stelle den Raum des Katholischen weit zu halten und bei allen Einschränkungen Freiraum zu geben.

Das Nachdenken über die Corona-Zeit, die Aufarbeitung hat im Grunde erst begonnen. Wie nach jeder Krise gab es zunächst das Bedürfnis, das Vergangene hinter sich zu lassen. Reflexion tut Not, auch um zukünftig besser mit einer solchen Situation umzugehen. Es wird im Augenblick viel auf die Institutionen abgeschoben. Mir scheint es aber auch wichtig, mit sich selbst kritisch zu sein. Wie habe ich auf die Krise reagiert? Wie war es in der Situation selbst und wie schaue ich im Nachgang darauf? Die Krise hat Ängste, Aggressionen aber auch Trägheit verstärkt, sie hat viele belastet, gereizt und sie je nachdem auch unvorsichtig oder übervorsichtig gemacht. Die Krise hat uns zu Entscheidungen herausgefordert, die im Nachgang richtig oder falsch gewesen sind. Ich glaube niemandem, der heute behauptet, alles richtig gemacht zu haben. Ich habe mich selbst dabei ertappt, in einigen Situationen falsch reagiert zu haben. Ich habe zum Teil Argumenten anderer zu wenig zugehört oder sie schnell abgetan. Im Rückblick sehe ich einige Dinge, die wir kirchlich getan haben als falsch an, etwa die generelle Unterbrechung des gottesdienstlichen Lebens, so manchen abgesagten Termin und so manches, was auch aus Bequemlichkeit geschehen ist. Wir haben aber auch vieles richtig gemacht. Gerade aus der jeweiligen Situation betrachtet, scheinen mir einige Entscheidungen als folgerichtig und gut. Wenn wir in ein paar Jahren auf die Zeit zurückblicken, wird der Blick wieder ein anderer sein. Auch die Folgen der Corona-Phase für das kirchliche Leben wird sich dann wieder neu beurteilen lassen. Ich hoffe aber, dass wir für den nächsten Krisenfall etwas gelernt haben.           

Ein Kommentar zu „Fünf Jahre Corona – ein Rückblick

  1. Der Drang nach persönlicher Freiheit darf m.E. nicht in Verantwortungslosigkeit gegenüber den Mitmenschen münden, wie man dies während der Corona-Pandemie bei manchen Leuten insbesondere aus der verschwörungsideologischen Szene beobachten konnte.

    Nicht von Ungefähr gibt es Gesetze, auf die wir uns aufgrund generationenlanger — jahrhundertelanger — Erfahrungen geeinigt haben bzw. die allgemein akzeptiert sind — z.B. den Art. 2 GG (ein Gesetz, das uns Bürgern im Grundrechtekatalog, den Artikeln 1 bis 19, eine ganze Reihe an Rechten und Freiheiten gegenüber dem Staat und seinen Institutionen gewährleistet), ein Verfassungsartikel, der uns zwar „das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit“, andererseits jedem jedoch auch „das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ garantiert. Diese Grundrechte legen dem Staat und seinen Institutionen also Pflichten gegenüber uns Bürgern auf.
    Im Art. 2 GG heißt es einschränkend aber auch, „soweit er nicht die Rechte anderer verletzt“. Damit sind dem schrankenlosen und verantwortungslosen Freiheitsdrang Grenzen gesetzt.

    Und es gibt das Infektionsschutzgesetz (IfSG), das uns Bürger und die staatlichen Institutionen verpflichtet, der Verbreitung von Infektionskrankheiten entgegenzuwirken.

    In Situationen wie der Corona-Pandemie gilt also eine Güterabwägung, bei der die individuellen Rechte und Freiheiten gegenüber den Rechten und Freiheiten der Mitmenschen ggf. zurückstecken müssen.

    Eckhardt Kiwitt, Freising

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    Ergänzend eine Anekdote aus der Chronik der Stadt Stettin zur Cholera-Epidemie des Jahres 1831
    Seite 916:
    In demselben Sommer (1831) erschien die Cholera zum erstenmale in Stettin, und griff hier, wie an andern Orten unseres Vaterlandes, glücklicherweise die öffentlichen Kassen mehr als die Menschen an. Als die Cholera (i. J. 1831) von Osten her unaufhaltsam unserem Vaterlande sich näherte, traf man auch hier die damals überall angewandten Maßregeln, durch strenge Absperrung vor dem Anstecken zu bewahren.
    Seite 919:
    Die längere Dauer der Absperrung mehrte die Erbitterung, die Aufregung stieg mit jedem Tage, so daß die am mehrsten betroffenen Arbeiter endlich geneigt wurden, die verhassten Zwangsmaßregeln mit Gewalt aufzuheben; denn die aufgeregte Menge stand, von einigen Unruhestiftern irregeleitet, in dem Wahn, dass man die Cholera und die Sicherungs-Maßregeln nur gebrauche, um «den gemeinen Pöbel auszurotten.»
    (Fr. Thiede, Chronik der Stadt Stettin, 1849)

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