Niels Stensen: Geistliche Übungen

Zu den unausweichlichen, aber auch besonders gewinnbringenden Pflichten eines Propstes in Schwerin gehört es, sich mit dem Seligen Niels Stensen (1636-1686) zu beschäftigen. Der dänische Gelehrte, Naturforscher und Mediziner konvertierte während seiner Zeit als Arzt am Hof der Medici in Florenz 1667 zum Katholizismus, wurde einige Jahre später Priester, Bischof und päpstlicher Gesandter in Norddeutschland. Nach Stationen in Hannover, Münster und Hamburg kam er nach Schwerin und war dort für ein gutes Jahr als Seelsorger der kleinen katholischen Gemeinde tätig, bevor er an einer schweren Krankheit in Schwerin verstarb. Stensen hat ein breites Werk an naturwissenschaftlichen Schriften, an Korrespondenz und Predigten hinterlassen. Im Geist seiner Zeit allerdings war er auch Seelsorger und unterwies die Gläubigen im geistlichen Leben. Seine Frömmigkeit war typisch für die Barockzeit. Ähnlich wie in den Bildwerken der barocken Kirchen, ging es immer um eine Durchsichtigkeit der irdischen Wirklichkeiten auf ihre (eigentlichen) himmlischen Ursprünge. „Alles ist Gnade“ – So lässt sich der Hauptsatz dieser Spiritualität beschreiben. Alles kommt also von Gott, ist von ihm getragen und unterfangen. Für den frommen Christen bedeutete dies, die Dinge der Welt insofern zu schätzen, als dass sie ihn zu den geistlichen Dingen führten. Auch das Leben als ganzes ist gemessen an der Ewigkeit nur eine kurze Episode der Vorbereitung. Das „memento mori“ ist besonders charakteristisch für den Barock. Man sollte am besten so leben, dass man zu jeder Zeit mit reinem Herzen und Gewissen vor Gott treten kann. So wird der Tagesablauf von jeder Menge geistlichen Übungen strukturiert, die beständig für die Aufrechterhaltung der Verbindung zu Gott sorgen und einen Abfall in schlechte oder sündige Gewohnheiten verhindern sollen. Aus den geistlichen Schriften Stensens sind einige solcher „Anweisungen“ zu geistlichen Leben erhalten. Eine davon, die aus der Zeit in Florenz stammt[1], ist in Italienisch abgefasst. Ich habe sie übersetzt, um auch einer breiteren Leserschaft einen Einblick in das werk Stensens zu ermöglichen. Die folgende Übersetzung ist aufgrund der barock gewundenen Schlangensätze nicht ganz leicht zu lesen und enthält vielleicht auch den ein oder anderen Fehler. Der Gedankengang sollte aber deutlich werden. Vielleicht sind Stensens „Übungen“ ja auch eine Anregung, die eigene Tagesstruktur zu überdenken.

Niels Stensen: Geistliche Übungen für die tägliche Praxis

Es gibt keine anderen Mittel, sich auf der Erde des wahren menschlichen Glücks zu erfreuen, als die, die uns von unserem Herrn gelehrt wurden. Sie bestehen darin, stets unter den Augen Gottes zu leben, sich dabei die schädlichen Gewohnheiten auszurupfen, indem man sich an einen Beichtvater wendet und sich täglich um ein gottgefälliges Handeln kümmert, wovon jetzt gleich und in den folgenden Kapiteln gesprochen werden soll.

1.Sobald der Morgen anbricht, stelle dir vor, dass deine Seele eine Blinde sei, die den Augen Gottes und aller Heiligen ausgesetzt ist, in einem Licht, das keinen Schatten wirft. Mit deinem Mund bitte ihn [Gott] um Hilfe und opfere ihm all dein Denken, Sprechen und Handeln. Durch das Heilige Kreuzzeichen stehst du mit wehrhafter Hand gegen alle Versuchung und alle Gefahr. Hast du dies sofort zur angemessenen Tageszeit vollzogen, dann stehe auf.

2. Wenn du dich ankleidest bedenke, dass Gott sieht, mit welcher Absicht du dich schmückst, so dass dein Ankleiden ein solches sein muss, welches sich für jemanden schickt, der von Gott und vom Schutzengel und dem himmlischen Hofstaat angesehen wird. Bediene dich der Kleider, die deinen Körper bedecken, doch mehr noch wird deine Seele das Kleid der Tugend schmücken, denn der wahre Schmuck der Braut besteht nicht darin, sich äußerlich der Welt anzugleichen, sondern sich innerlich Christus anzugleichen.

3. Sobald du angekleidet bist, mache dich zum Gebet bereit. Bete mit deinem tiefstmöglichen Empfinden zur Heiligsten Dreieinigkeit, denn dies ist die wichtigste Hingabe von allen; denn alle müssen ihr dienen. Der Heiligsten Dreieinigkeit hingegeben zu sein ist ein großes Zeichen der Vorsehung. Diese [Hingabe] besteht nicht darin, hochtragend von diesem Geheimnis zu sprechen – dies steht allein den Gelehrten zu (die einfachen Leute sollten davon nicht in den hohen Begrifflichkeiten sprechen, welch die Christliche Doktrin verwendet, und auch nicht anders) – sondern sie [die Hingabe] besteht in der tiefempfundenen Anbetung mit ganzer Verehrung, darin, sie [die Dreieinigkeit] mit reinster Liebe zu lieben und größte Achtung vor der Göttlichen Majestät zu haben.

4. Danke Gott für die Ruhe der vergangenen Nacht, dafür, dass du wieder aufgewacht bist um diesen neuen Tag zu nutzen, sich auf das furchtbare Gericht vorzubereiten, [bedenke:] es sind viele in jener Nacht gestorben.

5. Erbitte Vergebung für vergangene Schuld und Hilfe, um am gegenwärtigen Tag zum Guten fähig zu sein und bedenke dabei alle Verpflichtungen des Tages – so dass du sie gemeinsam mit Gott vollbringen kannst und fähig wirst, deine gesamte verbleibende Zeit gut mit Gott zu stehen – er [der Tag] wird dir viele Gelegenheiten bieten, deinen Willen zu verneinen oder zur schlechten Nachrede.

6. Bringe nun wiederum der Heiligsten Trinität als Opfer und Liebe und zu ihrem Lob und Ruhm die Gedanken, Worte und Taten dar, bitte deinen Schutzengel, der sie vor Seine Göttliche Majestät trägt und macht, dass sie als solche vor dem göttlichen Angesicht erscheinen, so dass Er [Gott] sie nach seinem heiligen Willen ordne und dich diesem Willen in allem angleichen kannst.

7. Mache deine Betrachtung [Meditation] mit aller nötigen Vorbereitung und Ordnung, die erforderlich ist.

8. Feiere [zelebriere] an jedem Tag die Heilige Messe oder höre sie [d.h. nimm an ihr teil], indem du in dieser Zeit manches mündliche Gebet verrichtest  oder den dritten Teil des Rosenkranzes betest oder einen Teil des kleinen Stundengebetes zur Jungfrau Maria, oder betrachte die Geheimnisse des jeweiligen Heiligen Opfers [d.h. der Messe].[2] Zähle unter deinen Tagen keinen, an dem du nicht einige kurze, dankbare und liebvolle Überlegungen zur Passion Jesu machst, ganz besonders, wenn du die Heilige Messe hörst, während der es eine große Dummheit und grobe Undankbarkeit wäre, sie ohne eine hingebungsvolle, herzliche und schmerzvolle Erinnerung an Leiden und Tod Christi unseren Retter zu verbringen.

9. Wenn es dir keine Erschwernis bedeutet, besuche eine Kirche der Heiligsten Jungfrau, um sieben „Ave Maria“ oder ein ähnliche Gebet [wie das folgende] zu sprechen:

„Heiligste Jungfrau, erbitte mir die Ausdauer, die Treue, den Gehorsam, die Hingabe, die Änderung der Eingebungen in heiliger Inspiration, die Loslösung von weltlichen Dingen im wahren Gebrauch der kirchlichen Zeichen, Schmerz über die Sünde; die Furcht vor der Hölle, der Passion Christi, die Verfolgungen der Kirche, die Sünden der Priester, der Ordensleute, der Weltleute, des Elends der Menschen, des Fegefeuers, der Unsicherheit des Heils, dessen, was mich dazu hindert. Gewähre Reinheit, Mäßigung, eine heilige Gewalt und Absicht zu anzunehmen [wörtlich: „zu essen“] was und wieviel Gott möchte. Im Namen Jesu, durch die Kraft Jesu, zur Ehre Jesu werde ich seinen Willen tun, der jedem nach seinen Werken anrechnet, der vielleicht schon in dieser Stunde nach der Abrechnung der mir anvertrauten Talente verlangt.[3]

10. Besuche das Heiligste Sakrament und erneuere dein Glaubensbekenntnis vor diesem Geheimnis. Füge Werke der Hoffnung und der inneren wirksamen Freude hinzu, wann immer du kannst; während du die einzigartige Wirkung erwägst, die dieses Sakrament dir bringt, das dich zu deinem (!) Dienst unter den unzähligen frevelhaften und blinden Begrabenen herausfordert. In ihm [dem Sakrament] verehre die Göttliche Majestät. Biete an, ihr dankbar zu sein mit dem Willen, allem zu gehorchen, was dir an geistlichem Ertrag angeboten wird.

Gebet, das vor dem Heiligsten Sakrament gesprochen werden soll:

„Heiligste Dreieinigkeit, ich sage dir Dank für deinen großen Ruhm, der Dir für alle Ewigkeit an diesem heiligen Ort bereitet ist – für die vielen [Mess-]Opfer, die vielen Absolutionen [Lossprechungen in der Beichte], die vielen Predigten in Worten und Taten, die vielen tatkräftigen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit, die vielen Bekehrungen der Sünder, die vielen Werke des Glaubens, der Hoffnung und Liebe – und nicht nur für die eben genannten Dinge, sondern darüber hinaus für all jene, die du [Dreieinigkeit] in den vielen Jahren zu tun bestimmt hast in einer Zeit, die allein dir bekannt war – für alles, was du für uns unwürdige Sünder getan hast – für die vielen Verdienste deiner treuen Diener und Freunde. Ich empfehle dir alle Sünder und alle, die schon der Gnade teilhaftig werden durften – dass du ihre Seelen segnest mit deiner Ehre und der Ehre der himmlischen Heerscharen und der aller, die dir an diesem Ort durch geistliche Werke gedient haben und noch dienen werden. Segne unsere Geistlichen und gewährt ihnen, dass sie deinen Namen durch Wort und Beispiel heiligen. Segne alle, durch die du meiner Undankbarkeit und meinem Hochmut Heilung verschaffst, und die Mittel, die ich für meine Gesundheit [mein Heil] brauche. Gewähre mir, dass ich sie mit der von dir bestimmten Liebe und Demut anwende. Du hast mir den Anfang gesetzt, gib mir darüber hinaus Beständigkeit, zu wachsen. Du hast mich aus dem Stand der Sünde herausgehoben und mich mit den Heiligen verbunden. Du hast dich mir angetraut; gib Treue und Beständigkeit, die mich vor allen gefährlichen Dingen bewahrt. Du hast mich zum Gehorsam gerufen, gib mir Festigkeit und Treue um mich vor aller Prüfung des Intellekts und Widerstand des Willens zu schützen. Gib mir Gnade, dem zu gehorchen, was ich von dir höre und in dem du bist und was dazu angehalten ist, Rechenschaft über meine Seele zu geben. Du hast mich zum Fasten gerufen; gib mir eine vollständige Abtötung [der Versuchung, das Fasten zu brechen]. Du hast mir das Verlangen gegeben, arm zu sein, mache mich wirklich arm. Du hast mich auf unbekannten Wegen geführt; leite mich auf dem Weg deiner Gnade, sei sie sichtbar oder unsichtbar. Für dich ist es einfacher mich zu führen, wohin du möchtest, als mich dort zu verbergen, wohin mich meine [eigenen] Wünsche treiben; gib in widrigen Zeiten Geduld, in gelingenden [blühenden] Zeiten Demut, und zu aller Zeit Gehorsam.

Du bist mir Beispiel, ob für Essen, Trinken, Schlaf, Kleidung, Gehorsam, Demut, Abtötung, heiliges Gespräch.

Sei [nahe] Heiliger N.N., dass sich alle bekehren, N.N.

Gewähre unseren zeitlichen Geistlichen, dass sie uns in Güte und Wahrheit führen. Du hast in Ninive [s. Jona 3] vergeben, vergib allen Sündern – sie wissen nicht, was sie tun, sie kümmern sich nicht um das was sie wirken – gib ihnen, Herr, die ewige Ruhe, auf dass dein Licht ihnen ewig leuchte, schenke ihnen Vergebung und Licht. Wer ohne Grund gegen mich ist, dem gib Einsicht in die Wahrheit und Vergebung der Sünden, du kannst die Sünde hassen, aber mit Leidenschaft und guten Werken die Sünder lieben.

Und ihr alle, heilige Apostel, Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen, legt Fürbitte für mich beim Herrn ein, so dass ich, wie Simon, Daniel, Moses, Paulus und der Herr Jesus Christus mich ganz Gott hingebe. Schaut nicht auf die Bosheit und Falschheit meiner Feinde, sondern eure Güte und Wahrheit. Lasst mich nicht allein für mich, wendet nicht euer Gesicht von mir ab, denn wenn ihr eure Hand gegen mich erhebt, bin ich sofort zur Hölle verdammt.“

11. Besitze manches geistliche Buch nach Verstand und Nützlichkeit; wenn du es liest bringt es dich in die Verfassung, aus ihm Nutzen [Frucht] zu ziehen und sie nicht denen gleich, die sich im Spiegel betrachten und dann ihre Gestalt vergessen. Wenn du dich durch einen Abschnitt, den du liest, von Gott erleuchte fühlst, musst du innehalten um Gott den Raum zu lassen, an dir zu handeln und von deiner Seite sollst du mit aller Kraft, die dir zur Verfügung steht daran mitarbeiten. Denke über dein vergangenes Leben nach und darüber, wie du bisher das umgesetzt hast, was du gelesen hast. Bereue [was du bisher falsch gemacht hast] und mache dir mit Gottes gnädiger Hilfe Vorsätze für die Zukunft, so dass du lieber sterben wolltest, als dich dem Guten zu wiedersetzen und an deine Vorsätze sollst du dich immer wieder erinnern.

12. Für das Gebet des Offiziums [Stundengebet] musst du Zeit und Raum nehmen, denn diese Dinge, das Innere und das Äußere können deine Verehrung Gottes bezeugen.

13. Bei Tisch bediene dich der Speisen, um den Körper für deinen Dienst an Gott zu stärken und die Seele im Eifer für den Dienst zu fördern, bis unverhüllt einst Er [Gott] im Paradies unsere Speise sein wird. Zu dieser Zeit kannst du die Punkte deiner Betrachtung festlegen, die Punkte deiner nächsten Predigt, das Geheimnis [d.h. der Festinhalt / Schriftstelle] des laufenden Tages, den Fürsprecher des Monats oder Jahres, so manche verpflichtende Aufgabe, die geistliche Lesung, manches das die Verpflichtungen der Berufung betrifft.

„O Gott, der du den Menschen als Individuum und als Gattung in dieser Verderblichkeit bewahrst und damit deine Milde zeigst, die er erhält: Sei du unsere Speise, der Geber der Nahrung, unser Bräutigam, unsere ewige Erhaltung, – vervollkommne in deiner Barmherzigkeit, wie wir in deiner Gegenwart das Essen mit noch mehr Verehrung zu uns nehmen, an den Tischen unter den Augen der Menschen.“

Zuletzt: Achte darauf, vom Geschmack [der Speisen] zum Schöpfer dieses Geschmacks zu gelangen. Erwäge, dass er ihn in dir gemacht hat und, ihn zu spüren und ihn dir zu geben. Gib dies alles Christus hin, indem du sagst: Wie für Christus Galle, so für mich Honig, und füge deine Unwürdigkeit hinzu, Güte Gottes, nicht durch mein Verdienst.

14. Prüfe dich [mach dein ‚Examen‘ – gemeint als geistliche Übung] nach der vorgeschriebenen Regel, wie man es für sich am Mittag machen soll.

15. Bediene dich des Feuers, um deinen Körper für den Dienst an Ihm zu bewahren, und entzünde die Seele am Feuer seiner göttlichen Liebe.

16. Wenn du die nötigen Schönheiten [Milde, Empfindungen der Zuwendung] erfährst, erfreue dich nicht mehr der weltlichen Tröstungen, und diese geistlichen – wie etwa die Heilige Kommunion – empfange zur Stärkung, nicht für die eigene Zufriedenheit.

17. In den Pausen während der Zeit [des Tages] bleibe bei Gott stehen oder denke über Gegenmittel für deine Unvollkommenheiten nach.

18. In Gesprächen beauftrage einen guten Freund oder Gefährten, dass er dir bei Gelegenheit sorgfältigen Rat gibt, aber losgelöst von der Ewigkeit und vom Licht des Gekreuzigten, kannst du an gleichgültigen und heiteren Gesprächen teilnehmen, und dabei dienen und gehorchen, wem du musst und nach seinem ehrlichen und erlaubten Zeitvertreib greifen; denn auch der Körper braucht seinen Teil, besonders, wo es der Seele dient und mit dem Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz zu vereinbaren ist.

19. Sei von Herzen gut gegenüber deinem Nächsten, selbst wenn er gegen dich denken, sprechen und handeln sollte. Bitte Gott, er möge ihm verzeihen und beziehe Gott ein, wenn er dies vernachlässigt – indem du gut über ihn sprichst, indem di lobst, was er gut macht und seine Fehler verdeckst – und mache dies zu seinen Gunsten mit Worten, Werken und Geld , gottgemäß, der dir dazu die Möglichkeit geben wird.

20. Zuletzt: Um im heiligen Leben beständig zu sein: a) rühme dich nicht eitel der Werke, Gnaden und Gaben, b) verändere nicht die zugemessenen Güter, c) betrüge nicht in weltlichen Geschäften, d) tadele niemanden, schmeichle niemandem.

21. In den Gedanken, Worten und Werken suche alle erdenklichen Eingebungen, in jedem Moment, bei jeder Gelegenheit, um dem Unsichtbaren [Gott] zu gefallen, der dich als Vater und Geber alles Guten ansieht, und dem gegenüber du Respekt und Liebe vereinst, stets bereit zu jeder Verehrung die dein Lebensstand von dir verlangt, in den er dich geführt hat.

22. Am Abend, bevor du zu Bett gehst, mache eine Gewissenserforschung. Darauf muss man besonders achten: a) weil es einen Schaden verursacht, dies auszulassen. Wer nicht gut seine Gewissenserforschung macht ist blind, selbst wenn er alles Wissen besäße und er wird nie zu einer Verbesserung seines Lebens gelangen, sondern setzt sich der Gefahr aus, verdammt zu werden. B) Wegen der Nützlichkeit die sich nicht entziehen sollte, sie [die Gewissenerforschung] zu machen, da von ihr die volle Kenntnis über sich selbst und über Gott abhängt: „Er wird denen Frieden zusprechen, deren Herz bekehrt ist“ (Ps 84,9); c) um sich Rechenschaft zu geben, über das, was er dir im Endgericht gegen wird denn es ist dem Menschen zu diesem Zweck gegeben, dass aus der Betrachtung der Vergangenheit bereits die Zukunft adressieren, gemäß dem Gott in Allem geschuldeten Gehorsam, d) wegen der wichtigen Früchte, die andere daraus erhalten haben, empfohlen von allen Heiligen durch Unterweisungen und Beispiel, e) der Einfachheit wegen: da man sich durch das Licht Gottes vervollkommnet und die Bitten erfüllt bekommt.

Diese ist von dreierlei Art: a) von jeglicher Handlung, b) von mancher Tugend, die mir zu erhalten vorherbestimmt ist, oder das ein Laster zerstört wird, oder Seufzer und Stoßgebete, c) generell alle Handlungen in der Mitte des Tages oder während des ganzen Tages.

Die Gewissenserforschung [Examen] erfordert die vorgeschriebenen Regeln bei allen Handlungen der ersten Art oder bei jeder Materie die betrachtet werden soll zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort wie beim zweiten[4] oder während der Handlungen des Tages.

Bei jedem Examen aber sind diese beiden essentiellen Teile zu beachten: Wie würde Gott handeln [in den Handlungen des Tages], oder wie wäre entweder gemäß seiner Weisung zu handeln, oder ohne seine Weisung? Was tun wir, also so, dass die Fehler von uns kommen, das Gute von Gott.

Anleitung für das Examen [Gewissenerforschung]

  1. Gott für das Gute danken (allgemein und im Besonderen), das er für mich getan hat.
  2. Um Erleuchtung bitten, um das Gute zu erkennen, das Gott mir gibt und das Schlechte, das ich gemacht habe.
  3. Examen: Was ist an Gutem in mir ohne mich [also: nicht von mir verursacht]; was habe ich durch die Gnade Gottes tun können; und so das Empfinden der Liebe, der Dankbarkeit, der Hingabe hinsichtlich eines vollkommenen Lebens anregen lassen: „Kommt und seht, was Gott an meiner Seele getan hat“ (Ps 65,5.16).
  4. Betrachten, was ich aus Ignoranz, Unwissenheit, Überstürzung, Bosheit getan habe: hier sich das Empfinden von Schmerz, Bestürzung und Wiedergutmachung erwecken: „Dummkopf, was hast du Gott getan?“ (Dtn 32,6).
  5. Die Vorherbestimmung der Welt [betrachten], das Böse zu beseitigen und vom Guten zu profitieren.

23. Lege dich zur Ruhe und wähle alles das, was zur Erhaltung deines Körpers nötig ist.

24. In allem, sei beständig bei deinen täglichen Übungen, hüte dich davor, unbeständig zu sein und hart in deinen Ansichten; die Tugend liegt in der Mitte, entfernt von den Extremen, deswegen übe dich immer in Zurückhaltung und  Besonnenheit.     

Beitragsbild: Portrait Niels Stensens, Pfarrhaus von St. Anna, Schwerin


[1] Der Text stammt aus den Gesammelten Werken Stensens: Nicolai Stenonis, Opera Theologica I,2, Kopenhagen 1947, 70-76.

[2] Diese Anleitung bezieht sich auf die Praxis der Gottesdienstbesucher, während der durch den Priester still gefeierten Messe bestimmte Gebete zu verrichten, wie sie von Stensen hier aufgezählt werden.

[3] Stensen spielt hier auf das Gleichnis von den anvertrauten Talenten an.

[4] Bezieht sich auf die vorher beschrieben Arten.

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