Betrachtung zum 1. Advent

Was ist der Advent? Wenn ich die Frage stelle, bekomme ich meist die Antwort: Die Vorbereitung auf Weihnachten. Das ist richtig, aber es nicht alles. Eigentlich müssten wir sagen: Es ist die Vorbereitung auf das Kommen des Herrn. Dieses Kommen, die Ankunft geschieht auf zweifache Weise. Jesus kommt als Kind auf die Erde. Das ist die Vergangenheit. Aber es gibt noch ein weiteres Kommen: Jesus kommt am Ende der Zeiten. Das ist die Zukunft. Deshalb das heutige Evangelium:

Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. Nehmt euch in acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, so wie man in eine Falle gerät; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt. (Lk 21)

Was geschieht, wenn Jesus am Ende der Zeiten kommt? Das ist für uns unvorstellbar, weil es das Ende unserer Zeit wäre. Eine andere Welt als diese ist kaum zu denken. Das Evangelium verwendet Bilder: Es ist die Zeit der großen Erschütterungen. Es ist die Erschütterung des Kosmos. Die Zeichen an den Gestirnen werden es deuten. Unsere alte Zeit, in der wir Tage, Monate und Jahre nach den Gestirnen bestimmen hört auf. Die Orientierungspunkte verlöschen. Die zweite Erschütterung betrifft die Welt. Das Meer braust auf, die Erde wird erschüttert. Das Leben, so wie es ist, wird nicht mehr möglich sein.

Gewaltige Zeichen – und doch ist das Kommen des Herrn ein stilles. Es gibt die Angst derer, die sich außer dieser Welt nichts vorstellen können. Aber es gibt die Hoffnung derer, die noch etwas anderes erwarten. „Richtet euch auf und erhebt euer Haupt.“ „Lasst Euch vom Alltag nicht verwirren, wacht und betet.“ So sagt es der Text. Man könnte übersetzen: Lasst Euch nicht gefangen nehmen von den Dingen, die Euer Leben fesseln wollen. Diese Welt möchte, dass wir ganz in ihr aufgehen. Sie ist eigensüchtig. Sie spielt uns vor, dass nur das wichtig ist, was wir sehen und erfahren, dass zählt was wir haben und darstellen. Wir sollen das Spiegelbild einer Welt sein, die um sich selbst kreist. Aber wir sind etwas anderes. Wir sind Bild des lebendigen Gottes, gerufen, ihn zu suchen. So sehr wir in der Welt sind, sollen wir über ihre Grenzen hinausschauen. Der Menschensohn auf den Wolken des Himmels ist das Bild eines Gottes, der größer ist als das, was wir Menschen eigenmächtig für uns reklamieren. Schaut weiter! Hofft weiter, glaubt weiter, liebt weiter!

Die Offenbarung des Johannes findet ein schönes Bild für das Kommen des Herrn. Jesus sagt dort. Ich stehe wie ein Gast vor Eurer Tür und klopfe an. Kann ich mir das vorstellen? Vor der Kammer meines Denkens, meines Fühlens und Daseins steht einer und begehrt Einlass. Jesus will zu mir kommen. Sein Klopfen trifft das Klopfen meines Herzens. Wie wäre es, wenn es sich zur Begegnung weiten könnte? Was würde geschehen, wenn er tatsächlich eintreten könnte in mein Leben? Wie könnten sich die Dinge verändern an Tiefe und Wahrheit gewinnen?

Ich möchte Ihnen für das persönliche Gebet in dieser ersten Adventswoche daher eine Übung vorschlagen. Sie brauchen dafür keine fünf Minuten am Abend oder am Morgen. Sie brauchen einen Ort, wo Sie ein paar Minuten allein sein können. Machen Sie das Kreuzzeichen. Dann halten Sie eine Minute Stille, in der Sie versuchen, nichts weiter zu tun, als da zu sein. Das ist der schwierigste Teil. Gehen Sie in Gedanken den Tag durch, der vor Ihnen liegt. Und dann laden Sie Jesus ein, an diesem Tag ihr Gast zu sein. Laden Sie ihn zu den Dingen ein, die ihren Tag ausmachen werden, wie einfach sie auch sein werden. Beten Sie zum Abschluss ein Vater Unser oder ein anderes Gebet. Das war es schon. Ein kleines Zeichen für das Kommen des Herrn.

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