Anweisungen an einen Unterteufel in Zeiten der Trockenheit

Fühlen Sie sich manchmal ausgelaugt und antriebslos? Hat das Leben für Sie an Geschmack verloren? Haben Sie den Eindruck, in Ihren Routinen und Ihrem Alltag gefangen zu sein, ohne, dass Sie dieser Alltag so richtig zufrieden macht? Dann erleben Sie in Ihrem Leben vielleicht gerade eine Zeit der Trockenheit.

Diese Zeit wird bei geistlichen Schriftstellern als Wüstenzeit bezeichnet. Die Wüste ist der Ort, an dem eben nichts mehr ist, keine äußeren Reize, keine Abwechslung, stattdessen Langeweile, Trockenheit und Mühsal. Eine solche Wüstenzeit ist nicht bloß ein weltliches Phänomen, das im Leben jedes Menschen immer wieder einmal auftaucht. Es ist auch ein geistliches Phänomen. Es gibt die Zeiten, in denen mir der Glaube auf einmal nichts mehr sagt, in denen das Gebet zur leeren Routine wird und ich mich etwa beim Besuch des Gottesdienstes frage: „Was mache ich eigentlich gerade hier?“

Menschen die so etwas erleben, fragen dann auch: Wo ist Gott nun? Es gab doch in der Vergangenheit bei mir keinen Zweifel, dass Gott da ist. Ich hatte gute Erfahrungen im Glauben und das feste Gefühl, dass ich gehalten und getragen bin. Und nun hat sich der blühende Garten, in dem ich mich innerlich befand auf einmal in ein trockenes karges Land verwandelt.

Manchmal treffen innere und äußere Trockenheit zusammen. Weder das geistliche, noch das weltliche Leben stellen mich zufrieden. Alles ist Routine, Langeweile, manchmal auch Traurigkeit oder gefühlte Sinnlosigkeit.

Unter den geistlichen Autoren, die sich diesem Phänomen der Trockenheit widmen, war auch der englische Schriftsteller Clive Staples Lewis. Er hat ein kleines Buch voller Humor und Tiefsinn geschrieben, zu dem ich immer wieder gerne zurückkehre. Lewis stellt ein kleines Gedankenexperiment an. Wie wäre es, fragt er, wenn der Teufel, der die Menschen schließlich ins Unglück und zum Bösen führen möchte, eine Behörde hätte? Lewis entwirft eine Art teuflischen Geheimdienst, in dem es vor allem sehr bürokratisch zugeht: Der Teufel hat seine Agenten, kleine Unterteufel, auf die Menschen angesetzt, um in seinem Sinn die Menschen von Gott abzubringen. Die Unterteufel müssen über ihre Arbeit Berichte schreiben. C.S. Lewis veröffentlicht nun die Korrespondenz eines dieser kleinen Agenten, eines Unterteufels namens Wormwood, mit seinem Abteilungsleiter Screwtape. Der schreibt seine „Dienstanweisungen für einen Unterteufel“, in denen er seinen Mitarbeiter über das Wesen des Menschen und die Absichten Gottes aufklärt und ihm nützliche Hinweise zum Umgang mit dessen Patienten gibt, einem Mann, der sich um ein christliches Leben bemüht.

Als dieser Patient nun in den Zustand gerät, von dem ich eben gesprochen habe, in den Zustand der geistlichen Trockenheit, gibt Screwtape dazu einige Hinweise.[1]

Zunächst einmal weist Screwtape darauf hin, dass die Phase der Trockenheit allein noch keine Abkehr von Gott bedeutet. Vielmehr handele es sich um etwas ganz normales, das jedem Menschen geschieht. Das Leben des Menschen vollzieht sich in allen seinen Dimensionen in Wellenbewegungen. Auf eine Zeit der Aktivität folgt also auch wieder eine Zeit der Passivität. Dies ist bei Gott mit eingeplant. Anders als der Teufel, dem Screwtape und Wormwood ja dienen, geht es Gott nicht darum, den Menschen völlig von sich abhängig zu machen. Gott möchte, dass der Mensch er selbst ist und sich in voller Freiheit für ihn entscheidet. Er geht also über die Freiheit des Menschen nicht hinweg, versucht nicht, sie zu manipulieren. Deshalb lebt der Mensch nicht im ständigen Hochgefühl von Gottes Nähe. Im Gegenteil: Die Zeiten der Trockenheit sind für ihn und seine persönliche Freiheit hilfreich und heilsam. Die Dürre dient dem geistlichen Wachstum. Denn wenn die Belohnung für die geistlichen Anstrengungen entfällt (die Erfahrung der Nähe Gottes), bleiben diese so etwas wie eine Pflicht, ein Beweis für eine Treue gegen allen Anschein. Bei C.S. Lewis heißt es: „Weil Gott will, dass die Menschen eigenständig gehen, muss er seine Hand von ihnen abziehen. Und wenn nur der Wille zum Gehen wirklich da ist, so freut er sich auch über ihr Stolpern.“

Der Unterteufel bekommt nun mehrere Tipps, wie er sich für seine Sache die Phase der Wüstenzeit zunutze machen kann.

Das erste ist dabei die klassische Versuchung. Es geht darum, Reize zu setzen, die Zeit der Langeweile und Trockenheit schnell zu überwinden. Man könnte sagen, dass es darum geht, Scheinauswege zu bieten: Alkohol, Sex, Shopping, Medien und anderes bieten eine Abwechslung zum angeblich grauen Alltag. Dabei verurteilt C.S. Lewis diese Dinge übrigens keineswegs. Es kommt nur darauf an, ob diese Dinge dazu gebraucht werden können, um eine wirkliche Freude und Erfüllung zu finden, etwa bei einem netten Abend mit Freunden, bei denen auch Alkohol getrunken wird, oder ob sie im Nachhinein die Langeweile nur noch schlimmer machen, ob ich mich nachher also noch leerer und unerfüllter fühle als vorher.

Der zweite Tipp an den Unterteufel lautet: Versuche, den Menschen in der Phase der Trockenheit dazu zu bewegen, diese Wüstenzeit nicht als etwas Normales anzusehen, mit dem man gelassen umgehen kann. Der Unterteufel kann etwa versuchen, den Menschen dazu zu bewegen, sich aus eigener Kraft wieder in ein geistliches Hochgefühl versetzen zu wollen, etwa indem er meint, durch besonders intensives Beten oder Schriftlesen sich die Erfahrung von Gottes Gegenwart erarbeiten zu können.

Die zweite Möglichkeit in diesem Zusammenhang ist, den Menschen zu entmutigen, ihm klar zu machen, dass seine Zeit der Trockenheit bedeutet, dass seine religiöse Phase in seinem Leben jetzt nun einmal vorbei ist und er sich lieber wieder anderen Dingen widmen sollte. Er empfindet dann diese Erkenntnis in der Phase der Trockenheit als einen Akt der Emanzipation, in der er den Glauben nun heldenhaft hinter sich gelassen hat.

Diese Hinweise, die C.S. Lewis gibt, scheinen mir erstaunlich lebensnah zu sein. Ich denke, sie sind eine gute Hilfe, mit sich selbst und den dürren Zeiten gelassen umgehen zu können. Das Evangelium heute erzählt in ein paar dünnen Sätzen von der Wüstenzeit Jesu. Nach seiner Taufe zieht sich Jesus in die Einöde zurück. Diese Zeit ist für ihn eine Zeit der Anfechtung und der Versuchung. Es scheint, als ob sich Jesus selbst durch diese normale Dürrezeit des Menschseins hindurcharbeiten muss, die Versuchungen kennenzulernen und zu erkennen. Er ist sich offenbar zugleich des Dienstes der Engel sicher, also der Gegenkraft gegen die Entmutigung. Nach dieser Zeit in der Wüste kehrt er mit seinem Auftrag, seiner Sendung zu den Menschen zurück. Diese ist keine andere, als die vorhin beschriebene: Die Menschen wieder für Gott zu gewinnen, nicht durch Zwang oder Überwältigung, sondern aus ihrem freien Willen heraus. „Kehrt um und glaubt an das Evangelium“. Mit dieser Botschaft ruft er in diesen Sonntag und in unser Leben hinein. „Sammelt eure Kräfte, nicht nur aus Neigung und Lust, sondern manchmal eben auch aus Pflicht. Geht mit Jesus mit, nicht nur in den fruchtbaren, sondern auch in dürren Zeiten. Habt keine Angst vor der Wüste und glaubt nicht, aus eigener Kraft zu tugendhaften Helden werden zu können.“ Wie hieß es vorhin: Das Stolpern ist manchmal wertvoller als der gerade Weg.


[1] Das Folgende bezieht sich auf: C.S. Lewis, Dienstanweisungen für einen Unterteufel, Freiburg 1992 (1975), 37-44.

Ein Kommentar zu „Anweisungen an einen Unterteufel in Zeiten der Trockenheit

  1. Lieber Georg,

    vielen Dank für die Erinnerung an dieses Buch. Ich lese es auch in
    Auszügen immer  mal wieder. Es ist so klasse geschrieben,dass die
    Erkentnisse mit Humor fast sofort in die Seele purzeln.

    liebe Grüße von Juliane

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