Die Osternacht erzählt von der Schaffung des Neuen. Alles beginnt im Dunkel. Aus dem Feuer kommt das Licht. Die Osterkerze zeigt Christus, das Licht des neuen Lebens, das sich in der Kirche verteilt. Alles wird neu. Wir hören von der Erschaffung der Welt, von der Gründung des Gottesvolkes im Durchzug durch das Meer und schließlich von der Auferstehung. Es ist Gottes Geschichte mit dem Menschen, eine Geschichte, in der das Leben immer wieder neu entsteht.
In der Liturgie bildet sich dieses Geschehen zeichenhaft ab. Am Karfreitag und Karsamstag ist die Kirche kahl und verödet. In der Osternacht sind die Lichter wieder da, die Blumen, der Schmuck. Das Wasser als Quelle des Lebens und Element der Taufe kehrt zurück. Und wenn wir in diesen Tagen nach draußen gehen, sehen wir den großen Wandel in den Frühling hinein, sehen wie die wärmende Sonne die Blüten und Blätter hervorlockt.
Alles wird neu. Doch ich bleibe der alte. Auch die Welt bleibt die alte. Was soll das Neue sein? Ist der Frühling nur ein Kulissenwechsel, in dem die alte Tragödie weitergespielt wird? Die Frauen am Grab erfahren es zunächst so. Als sie voll Trauer zum Grab kommen und es leer finden, stehen sie ratlos da. Als ihnen erklärt wird, was geschehen ist, geben sie die Nachricht weiter, aber die Apostel glauben ihnen nicht. Was soll geschehen sein? Die Auferstehung? Wer soll das glauben, wo doch die Trauer noch da ist?
Damit alles neu werden kann, muss noch etwas Entscheidendes geschehen. Theodor Storm nennt es in einem Frühlingsgedicht:
Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh;
Er kam, er kam ja immer noch,
die Bäume nicken sich’s zu.
–
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuss auf Schuss;
im Garten der alte Apfelbaum,
er sträubt sich, aber er muss.
–
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei;
es bangt und sorgt: Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.
–
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag’s auch du.
Der Frühling kommt, das neue Leben. Man muss sich allerdings trauen. Der alte Apfelbaum sträubt sich gegen das neuerliche Aufblühen, eigentlich scheint es ihm zu früh. Er lässt sich aber schließlich doch überzeugen. Und du, das alte Herz – fragt das Gedicht – wie ist es mit dir?
Alles wird erst neu, wenn auch das Herz neu wird. „Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch“ – das ist Gottes Wort beim Propheten Ezechiel (Ez 36,26). „Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt.“ Es sind mein Herz und mein Geist, die sich so gerne im Alten verfangen, die so gerne in der Sorge, in der Unzufriedenheit, in der Trauer bleiben wollen. Sie sollen sich unter der wärmenden Gnade Gottes locken lassen, sich zu erneuern. „Brannte nicht unser Herz?“ fragen sich die Emmaus-Jünger, nachdem sie dem Auferstandenen begegnet sind. Ist das Herz nicht hier neu lebendig geworden? Die Botschaft der Auferstehung, des Lebens in Fülle, wird erst wirksam, wenn sie tatsächlich in Glaube, Hoffnung und Liebe in mir Raum gewonnen hat.
Alles will neu werden. Kannst du dem Wandel trauen? Kannst du es wagen, dich von Gott locken zu lassen zur Veränderung, zum Glauben und zur Freude? Erst die Veränderung von innen her, die Erneuerung der Herzen wird die Welt wandeln können. Für diesen Augenblick dürfen wir es wagen, dem Leben mit Freude und Optimismus entgegenzusehen. Es soll sich wandeln, es darf sich wandeln, weil es von Gottes Liebe getragen ist. „Herze, wag’s auch du“ sagt das Gedicht. „Wir sollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit denn unser Heil hat Gott bereit’.“, so sagt es das Osterlied. Alles wird neu. Das Leben hat den Tod besiegt. Christus ist erstanden.
Vielen Dank und Frohe Ostern! Susanne Petermann
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