„Man müsste eigentlich dieses Jahr nach Rom fahren“ – diesen Satz habe ich seit der Eröffnung des Heiligen Jahres an Weihnachten häufig gehört. Die Gelegenheit kommt schließlich nicht so häufig. Das Heilige Jahr findet in der Regel alle 25 Jahre statt und lockt zahlreiche Pilger in die ewige Stadt. Die Bistümer und Pilgerbüros haben bieten dazu eigene Gruppenfahrten an. Ich selbst wollte dieses Jahr eigentlich nicht nach Rom. Ich hatte das Jahr 2000 in Rom erlebt und gesehen, was dies für die Stadt bedeutet. Nun kam es aber doch anders. Eine geplante Fahrt mit der Katholischen Jugend Mecklenburg nach Brüssel, zu der ich meine Teilnahme eingeplant hatte, entfiel aus organisatorischen Gründen, so dass wir mit den Jugendlichen spontan umdisponierten und kurzentschlossen in der ersten Februarwoche auf Pilgertour nach Rom gingen. Hier ein paar Eindrücke:
Rom hat zum Heiligen Jahr eine besondere Atmosphäre. Es sind nicht nur die sogenannten „Heiligen Pforten“, die das besondere des Jahres ausmachen. Rund um den Vatikan finden verschiedene Großgottesdienste, Pilger-Events und Ausstellungen statt (einen Überblick bietet die Homepage des Heiligen Jahres: https://www.iubilaeum2025.va/de.html) Die Hauptkirchen versuchen, durch mehr geistliche Angebote den Bedürfnissen der Wallfahrer entgegenzukommen. Und auch die Stadt hat zum Heiligen Jahr vieles organisiert. Zentrale Denkmale wie der Trevibrunnen oder die Spanische Treppe sind renoviert worden.

Auch in den Verkehr wurde investiert. Augenfälligstes Beispiel ist die Verlegung einer Durchgangsstraße, die zwischen Engelsburg und Via della Conciliazione (das ist die Straße zum Vatikan) verläuft in einen Autotunnel. So ist ein schöner Platz und vor allem ein ungestörter Fußweg zum Petersplatz geschaffen worden. Einige neue Fußgängerzonen sind entstanden. Der Umbau des Flughafens Fiumicino zu einem modernen Airport ist gelungen. Das zentrale Bauprojekt, die neue Metro-Linie C ist allerdings leider nicht fertig geworden. Die neue U-Bahn-Trasse führt mitten in die römische Altstadt. Noch allerdings ist am Lateran Schluss. Auf die Weiterfahrt zur zentralen Piazza Venezia und zur Chiesa Nuova wird man wohl noch etwas warten müssen.
Zahlreiche Freiwillige stehen den Pilgern am Petersdom und anderen Stellen mit Rat und Tat zur Seite. Besonders um die Sicherheit ist man besorgt. Vor den Päpstlichen Basiliken stehen mobile Sicherheitsschleusen. Zentrale Einfahrten und Monumente werden von Polizei und Militär bewacht. Man kann sich in Rom wirklich sicher fühlen, zumal die massive Polizeipräsenz auch die gefürchteten Taschendiebe auf Abstand halten dürfte. Auch Schwarzhändler waren deutlich weniger zu sehen, als in den letzten Jahren.

Über allem steht aber die Sorge, die Stadt vor dem drohenden Kollaps durch die vielen Besucher zu bewahren. Rom ist kein Museum, sondern eine Hauptstadt mit über drei Millionen Einwohnern. Diese beklagen schon lange den Übertourismus in der Stadt. Der lässt sich in eindrucksvollen Zahlen belegen. 2004 verzeichnete der örtliche Tourismusverband 8 Millionen Besucher bei 22 Millionen Übernachtungen. Zwanzig Jahre später, im Jahr 2024 waren es 22 Millionen Touristen und über 51 Millionen Übernachtungen. Wenn der Vatikan in Schätzungen davon ausgeht, dass im Heiligen Jahr 30 Millionen Pilger kommen werden und damit die Zahl der Besucher noch einmal signifikant steigt, dann muss man sich in Rom vor allem auf eins einstellen: Es wird sehr voll. Jetzt im Februar war der Ansturm noch mäßig. Dafür, dass die eigentliche Besuchssaison etwa zwischen Ostern und Allerheiligen noch bevorsteht, war allerdings doch schon eine Menge los. Busse und Metro waren voll besetzt und an den zentralen touristischen Punkten, der spanischen Treppe, dem Trevibrunnen, Pantheon und Kolosseum herrschte lebhaftes Gedränge. Die vorbestellbaren Karten für die Vatikanischen Museen und das Kolosseum waren einen Monat vorher bereits so gut wie vergeben. Die Papstaudienz war übervoll, so dass einige Tausend Besucher schon gar nicht mehr in die Audienzhalle gelassen werden konnten – und dies bei ca. 90 Minuten vorherigem Anstehen vor der Sicherheitsschleuse. Selbst der riesige Petersdom, der schließlich problemlos einige Tausend Menschen aufnehmen kann, war an einem normalem Tag gut gefüllt. Um den erwarteten Ansturm zu bewältigen, sind vor den Kirchen zum Teil Absperrgitter für die Warteschlangen eingerichtet worden. Die Rompilger werden also Geduld brauchen und die Wartezeiten für ihr Programm mit einplanen müssen. Der Vatikan hat eine eigene Pilgerapp herausgebracht, auf der man den Besuch an den Heiligen Pforten vorreservieren kann. Überhaupt sollte man frühzeitig alles, was geht, online reservieren. Dies gilt besonders für die antiken römischen Stätten, die Vatikanischen Museen, Katakomben und einige Restaurants.

Unser Reiseprogramm konnten wir jetzt in der Vorsaison allerdings noch ohne größere Probleme durchführen. Höhepunkt war die Sieben-Kirchen-Wallfahrt, der traditionelle Pilgerweg zu den römischen Hauptkirchen – eine Tradition, die auf das Wirken des Heiligen Philipp Neri zurückgeht. Die etwa 25 Kilometer des Pilgerwegs führen einmal um die Kernstadt herum und bieten neben dem Besuch der Kirchen auch Einblicke in das „normale“ römische Stadtleben abseits der Touristenströme. Die Mischung aus Wandern, Beten und Besichtigen entschleunigt und nimmt ein wenig den Besichtigungsdruck. Man kann Rom ohnehin schwerlich vollständig besuchen – dafür braucht es mindestens einen Monat Zeit. Wir haben uns Zeit genommen und lieber weniger gesehen, dafür aber einige Dinge intensiver. Ich selbst habe zum ersten Mal den schönen Ausblick vom Vittoriano wahrgenommen, dem zentralen Gedenkort der italienischen Einheit, einem monströsen Bau, der sich einfach vor die historischen Stätten gepflanzt hat. Das Schöne: Vom Vittoriano aus sieht man dieses Gebäude nicht , dafür aber die Ausgrabungsstätten an der Via dei Fori Imperiali. Wir haben das kleine Silvester-Oratorium an der Kirche SS. Quattro Coronati mit seinen bedeutenden Fresken aus dem Mittelalter besucht, sind in der Mittagspause durch versteckte Parks geschlendert und haben eine müßige Stunde im Kreuzgang von St. Paul und auf dem Campo Santo verbracht. In aller Ruhe konnten wir in der Chiesa Nuova die Heilige Messe feiern und den Rosenkranz auf den Hügeln an der Via Appia beten. Das sind die Momente, die haften geblieben sind. Die Pilgerfahrt nach Rom ist eben mehr als der Besuch der Heiligen Pforten – auch wenn wir sie natürlich durchschritten haben.
Daher hier ein paar Empfehlungen für alle, die in Rom ein wenig geistige und seelische Erbauung suchen:
- San Lorenzo fuori le Mura: Von den bedeutenden römischen Pilgerkirchen ist San Lorenzo sicher die unbekannteste. Die Kirche liegt abseits der Touristenströme am Rand der Altstadt. Sie gehört zu den frühmittelalterlichen Kirchen und ist Begräbnisort des Heiligen Laurentius, des römischen Stadtpatrons, des Heiligen Stephanus, Justinus und von Papst Pius IX. Zudem findet sich hier das Grab von Alcide de Gasperi, dem großen italienischen Europäer und Begründer der Democrazia Italiana. Die Kirche mit ihrer gewaltigen Choranlage hat einige Kriegsschäden abbekommen und zeigt sich heute in großer romanischer Schlichtheit. An die Kirche grenzt der alte römische Zentralfriedhof „Campo Verano“, der als Parkanlage zu einer Besichtigung einlädt.

- Tre Fontane: Etwas außerhalb der alten Stadt liegt eine Oase der Ruhe. Das Kloster Tre Fontane ist am Ort der Hinrichtung des Heiligen Paulus erbaut worden. Der Legende nach entsprangen nach dem Martyrium dort drei Quellen. Heute ist hier eine Trappistenabtei mit einer schönen Klosterkirche und ein Garten, der zum Verweilen einlädt. Die ruhige Atmosphäre des Ortes lässt Raum für Gebet und Gespräch. Auch die Produkte aus dem Klosterladen, besonders der Kräuterlikör sind gern gesehene, besondere Souvenirs.
- Parco della Musica: Relativ unbekannt ist die Tatsache, dass Rom über ein modernes Konzerthaus mit vorzüglicher Akustik verfügt. Der 2002 eröffnete „Parco della Musica“ ist vom italienischen Architekten Renzo Piano entworfen worden. Er liegt nicht weit von der Piazza del Popolo in touristisch unerschlossenem Gebiet. In drei Konzertsälen machen die großen Orchester Europas regelmäßig Station. Es ist ein Ort, um einmal einen „etwas anderen“ römischen Abend zu verbringen.
- Die Kirchen des Caelius: Direkt hinter dem Kolosseum erhebt der Caelius-Hügel. Diese schon zu römischer Zeit bewohnte Gegend ist Baugrund für einige der ältesten und schönsten römischen Kirchen. Am bekanntesten ist San Clemente mit seinen mittelalterlichen Mosaiken und Fußböden, seiner Unterkirche und der archäologischen Ausgrabungsstätte aus römischer Zeit. In die anderen Kirchen, die alte Wehrkirche SS. Quattro Coronati, die Rundkirche Santo Stefano, die der Jerusalemer Grabkirche nachempfunden ist oder Santa Maria in Domnica verirren sich oft nur wenig Besucher. An diesen Stätten lässt sich die Geschichte des frühen Christentums in der Stadt erkunden. Zudem laden die Vorhöfe und Parks der Gegend zur Pause ein.

- Museen: Wer nach Rom kommt, möchte in der Regel die Vatikanischen Museen besuchen. Danach folgen in der Beliebtheit die Galeria Borghese mit den Bernini-Skulpturen und die Kapitolinischen Museen. Exzellente Kunst aus der Renaissance und dem Barock gibt es aber auch an anderen Stellen zu sehen. Wer sich dafür interessiert und sich entspannt und in Ruhe durch ein Museum bewegen möchte, dem sei ein Besuch im Nationalmuseum des Palazzo Barberini empfohlen. Das Museum in einem prächtigen römischen Stadtpalast verfügt u.a. über eine bedeutende Sammlung von Hauptwerken Caravaggios. Ebenso interessant ist die Galeria Doria Pamphili mitten in der Innenstadt, wo sich die Kunstwerke in original ausgestatteten Barock-Räumen befinden.
- Antikes Rom: Das Herz der römischen Antike schlägt auf dem Forum Romanum. Ein Besuch dort und auf dem angrenzenden Palatin, sowie im Kolosseum ist sicher ein Muss für jeden, der das erste Mal in der Stadt ist. Daneben gibt es aber noch eine Menge mehr zu erkunden. Ein Ausflug nach Ostia Antica, in die Ausgrabung der römischen Stadt ist lohnenswert, kostet aber einiges an Anreisezeit. Einfacher ist ein Besuch im Thermenmuseum am Bahnhof Termini und im nahegelegenen Palazzo Massimo. Dieser ist immer noch ein Geheimtipp. Die Sammlung zeigt wirkliche Höhepunkte römischer Kunst aus der Kaiserzeit, unter anderem farbenfrohe Fresken römischer Villen.

- Villa Farnesina: In jeder anderen Stadt der Welt wäre dies eine Hauptsehenswürdigkeit, in Rom nur ein wenig besuchter Ort. Die Villa Farnesina am Tiber in Richtung Trastevere wurde in der Renaissancezeit komplett mit Fresken der damaligen großen Meister, unter anderem von Raffael ausgemalt. Hier kann man in Ruhe betrachten und verweilen.
- Kreuzesreliquien: Neben den Gräbern der Apostel gibt es in Rom für Pilger ein geistliches Zentrum von besonderer Bedeutung. In der Reliquienkammer von Santa Croce werden die Reliquien des Kreuzes Christ gezeigt, die Kaiserin Helena im 4. Jahrhundert von ihrer Wallfahrt nach Israel mitgebracht hat. Unter anderem ist dort die Kreuzestafel zu sehen. Die Reliquienkammer ist zwar immer besucht, allerdings trotzdem ein guter Ort für das Gebet und die Meditation.
