Am 25. Juni wird im Erzbistum Hamburg das Gedenken an die Lübecker Märtyrer gefeiert. Seit letztem Jahr wird dieser Tag mit einer Wallfahrt begleitet. Die vier Geistlichen, drei katholische Kapläne, Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller, sowie ein evangelischer Pastor, Karl Friedrich Stellbrink, wurden wegen ihrer Kritik an der Euthanasie und an der nationalsozialistischen Herrschaft im Zweiten Weltkrieg verhaftet, verurteilt und hingerichtet. Im Jahr 2011 erfolgte die Seligsprechung. Es war ein besonderes, ökumenisches Ereignis.
Als die Seligsprechung der Lübecker Märtyrer vor vierzehn Jahren gefeiert wurde, begleitete ein eindrückliches Zeichen den Gottesdienst: Eine Kerze mit vier Flammen wurde von Zeitzeugen für sie vor dem Altar entzündet. Vier Persönlichkeiten, vereint im gleichen Schicksal, hingerichtet als Zeugen für den Glauben in dunkler Zeit. Das Licht der Kerze erinnerte an einen Satz aus dem Philipperbrief: „Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet“ (Phil 2,12-15).
Der Nationalsozialismus und seine perfide Propaganda hatte es vermocht, eine „verdorbene und verwirrte Generation“ hervorzubringen. In ihr fand die Überzeugung Platz, dass die Vernichtung der inneren und äußeren Feinde Deutschland zu neuer Größe und neuem Ruhm verhelfen würden. Der Krieg war ausgerufen gegen die anderen Nationen, gegen die Juden, gegen das „unwerte“ Leben, gegen alle, die von innen heraus die Verblendung der Menschen gefährden konnten. Die Lübecker Kapläne, wie auch Pastor Stellbrink, wurden von Spitzeln und Parteigängern der Nazis angezeigt und denunziert. Der Feind, getarnt als aufrechter deutscher Bürger, saß in der Kirchenbank.
Was hatten die Lübecker getan? Sie waren ihrem Auftrag treu geblieben. Die Kapläne handelten aus ihrem priesterlichen Selbstverständnis. Sie hörten Beichte bei den Zwangsarbeitern, gaben in der Jugendarbeit Gelegenheit zur Diskussion und verbreiteten schließlich die Predigten Kardinal von Galens. Pastor Stellbrink, ursprünglich dem Nationalsozialismus gegenüber aufgeschlossen, erkannte während des Krieges dessen wahres Gesicht. Er wandte sich dem Wort Gottes zu und verurteilte aus seinem Glauben heraus den Krieg und die Gewalt. Ein paar Worte, ein paar Taten, nicht mehr. Ein wenig Licht des Glaubens und der Vernunft in tiefer Dunkelheit.
„Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5, 14). Das Wort Jesu gewinnt angesichts der Geschichte der Lübecker eine ganz eigene Bedeutung. Das Licht der Welt ist nicht überall erwünscht. Das Licht ist gefährlich. Das Evangelium selbst sagt dies voraus. Bei Johannes heißt es über Jesus: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1, 9-11). Wer Zeuge des Lichtes ist, begibt sich in die Nachfolge, mit allem Ernst und aller Konsequenz.
Als die Kerze mit den vier Flammen bei der Seligsprechung entzündet wurde, leuchtete sie in unsere Zeit. Die Zeugen von damals sollen für diese Welt Bedeutung haben. Ihr Gedächtnis ist nicht eine Erinnerung an eine vergangene Zeit, sondern will sich im Heute bewähren. Die Lübecker Märtyrer sind Fürsprecher bei Gott, Adressaten für die Nöte unserer Tage. Sie sind Boten des Lichts, das unter uns leuchten soll, wo der Ungeist und die Dunkelheit unsere Welt erfassen wollen. Wir sehen deren Wirkmacht dort, wo das Leben heute abgewertet und vernichtet wird, wo das Zeugnis für die Wahrheit unterdrückt wird, wo die Ausflucht aus den Problemen der Zeit in Hass, Gewalt, Vertreibung und Krieg gesucht wird. Das Licht des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe soll auch unter uns leuchten in den Zeuginnen und Zeugen des Evangeliums. Ein Gedenktag schließt das Vergangene nicht ein, sondern führt es in die Gegenwart, damit die Zukunft heller wird.
Beitragsbild: Kerze von der Seligsprechung der Lübecker Märtyrer, zu sehen in der Gedenkstätte an der Kath. Propstei Herz Jesu in Lübeck.